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Ausländerhaß in Bamberg aufgeflammt

Brandanschläge und Bombendrohungen gegen Flüchtlingswohnheime / Polizei schließt rechtsradikalen Hintergrund aus / Neofaschist Michael Kühnen war in der Region auf Wahlkampftour unterwegs  ■  Aus Nürnberg Bernd Siegler

Mit Brandanschlägen und Bombendrohungen versuchen bislang Unbekannte gegen Flüchtlinge in der oberfränkischen Stadt Bamberg vorzugehen. Die örtliche Kriminalpolizei spielt die Vorfälle herunter und will keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund erkennen, obwohl rechtsradikale Aktivitäten in Oberfranken in den letzten Jahren nicht zu übersehen waren. Selbst Michael Kühnen stattete im November seinen Gesinnungsgenossen in Coburg und Bamberg einen Besuch ab, um dort für seine neuformierte „Nationale Sammlung“ zu werben.

Bereits am 6.Januar dieses Jahres stellten Bewohner des Flüchtlingswohnheims am Oberen Stefansberg in Bamberg fest, daß mehrere Personen in das Haus eingedrungen waren und an die Wände „Kanaken go home“ gesprüht hatten. In einem leerstehenden Zimmer war das Ofenrohr des Ölofens herausgerissen, die Wand war verkohlt, das Zimmer voller Rauch. Erst fünf Tage später begutachtet die Polizei, informiert durch eine Sozialarbeiterin, den Tatort. Eine „Verpuffung ohne Fremdeinwirkung“ sei nicht auszuschließen, kommentierte die Kriminalpolizei das Geschehen. Es gäbe „keine Erkenntnisse, wonach die Verpuffung in Zusammenhang mit dem Eindringen unbekannter Personen als Brandanschlag zu werten“ sei. Die Bewohner des Oberen Stefansbergs, hauptsächlich Libanesen, gehen von einem Brandanschlag aus, da bereits in der Silvesternacht mehrere rechtsradikale Parolen gröhlende Personen im Haus Feuerwerkskörper abgebrannt hatten.

In der Nacht zum 9.Januar schließlich mußte die Polizei eine Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Gaustadt evakuieren. Eine Bombendrohung war eingegangen. Das Haus, ein ehemaliges Cafe, war erst am 23.Dezember von polnischen Familien bezogen worden. Auch hier führten die Ermittlungen der Kripo bislang zu keinem Ergebnis. Im Polizeibericht war die Bombendrohung gar nicht vermerkt.

Die Kriminalpolizei schließt einen rechtsradikalen Hintergrund für die Taten aus. „Hören Sie sich doch einmal in den Gasthäusern um, wie die Leute reden“, beantwortet ein Kriposprecher eine entsprechende Anfrage der taz. „In der Bevölkerung gibt es eine allgemeine Stimmung gegen Asylanten.“ Während die Polizei zudem davon ausgeht, daß es im Raum Bamberg nur „eine Handvoll unbedeutender Rechtsradikaler“ gäbe, haben Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) andere Beobachtungen gemacht. Lange Zeit hat es in Gaustadt eine Gruppe der rechtsradikalen Wiking-Jugend gegeben. In Bamberg, Lichtenfels, Kronach und Kulmbach formierten sich in den letzten Jahren Gruppierungen der Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und damit sympathisierende Skinheads. In Coburg, dem Erscheinungsort der neofaschistischen Monatszeitschrift 'Nation Europa‘ (Auflage: 10.000), gründete sich eine „nationalrevolutionäre Gruppe“. Am 25.November 1988 gastierten Michael Kühnen und Thomas Brehl in Coburg, einen Tag später am Bamberger Hauptbahnhof, um dort mit etwa 20 Gesinnungsfreunden unter Polizeibeobachtung zusamenzutreffen. Seitdem kursieren in Bamberg und Umgebung Flugblätter und Aufkleber der „Nationalen Sammlung“, mit der Kühnen bei den Kommunalwahlen in Hessen kandidieren will.

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