piwik no script img

Hahnenkamm und Grindelwald

■ Österreich enttäuscht über die Abfahrten auf der gefürchteten „Streif“ / Figini und Merle siegen bei den Frauen

Berlin (taz) - Seine Vorfahren stammten aus Italien, aufgewachsen ist er in Österreich, die Ski läßt er für Luxemburg laufen: Marc Girardelli, der seit dem vergangenen Freitag von sich behaupten kann, der einzige zeitgenössische Skifahrer zu sein, der in der Lage ist, einen Weltcup-Slalom und eine Weltcup-Abfahrt zu gewinnen. In Sestriere siegte er zu Saisonbeginn im Slalom und nun gewann er beim Kitzbüheler Hahnenkammrennen seine erste Abfahrt, noch dazu gleich die schwerste überhaupt. Im ersten von zwei Rennen auf der berüchtigten „Streif“, der technisch schwierigsten und gefährlichsten Abfahrtsstrecke der Welt, fuhr der 25jährige Girardelli den favorisierten Österreichern, den starken Schweizern um Pirmin Zurbriggen und dem italienischen Skikoloß Michael Mair, der Zweiter wurde, auf und davon.

15.000 Zuschauer waren entsetzt, als ihr verlorener Sohn, der vor zehn Jahren nicht ins österreichische A-Team berufen wurde, daraufhin zornig beim luxemburgischen Verband um Ski -Asyl bat und seither 24 Weltcuprennen und zwei Gesamtweltcups für das Großherzogtum gewann, ihren landestreuen Lieblingen wie Höflehner, Stock, Wirnsberger oder Resch das Nachsehen gab. Der Beifall für den strahlenden Girardelli („Ein Sieg, der über allen anderen steht“) hielt sich folgerichtig sehr in Grenzen. „Es sind nicht so viele Luxemburger hier“, bemerkte der Stadionsprecher süffisant.

Auch am zweiten Tag wurden die Träume der Österreicher, für die im Skisport kaum etwas mehr zählt als ein Triumph auf der Streif, nicht erfüllt. Zwar kam Girardelli diesmal nur auf den zweiten Platz, doch unglücklicherweise war es ein Schweizer, der noch sieben Hundertstel schneller fuhr: Daniel Mahrer (26). Erst an dritter Stelle fand sich der erste Einheimische ein: Altmeister Peter Wirnsberger (30). So hatte es sich für die zahlreichen Schweizer Fans doch noch gelohnt, ihre mächtigen Kuhglocken und Goaßlschnalzer (lange Peitschen) nach Tirol zu schleppen.

Markus Wasmeier, der stärkste deutsche Abfahrer, war im Training gestürzt und bestritt lediglich das zweite Rennen, wo er 33. wurde. „Meine rechte Hinterseite ist ein einziger blauer Fleck“, verriet der 25jährige Schlierseer, „ich kann nicht richtig in die Knie gehen, und das kann bei diesen Geschwindigkeiten auf der Hahnenkamm-Abfahrt fatal sein.“ Wie recht Wasmeier hatte, zeigte der Sturz des Kanadiers Brian Stemmle an der von Pirmin Zurbriggen vorher als „lebensgefährlich“ bezeichneten Steilhang-Ausfahrt. Stemmle verlor die Kontrolle über den Talski, raste in die Fangnetze und zog sich einen Beckenbruch und innere Verletzungen zu.

Laufende Bretter

Die beiden Abfahrtsläufe der Frauen in Grindelwald gewann souverän die Schweizerin Michela Figini, während beim Super G-Riesenslalom Carole Merle aus Frankreich die Schnellste war. „Ich habe die Bretter einfach laufen lassen“, freute sich die 24jährige Französin, die schon den Super G von Schladming für sich entschieden hatte.

Nicht in Topform sind zwei Wochen vor den Weltmeisterschaften in Vail/USA die Läuferinnen der Bundesrepublik. Michaela Gerg belegte einen nach ihrer Verletzung äußerst respektablen achten Rang, Regine Mösenlechner, in der zweiten Abfahrt Fünfte, leistete sich im Super G einen gewaltigen Patzer und kam nur auf den 13. Platz. Traudl Hächer gab auf und gestand in sympathischer Offenheit: „Mir war es zu schnell.“

Matti

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen