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Karriersprung kurz vorm Rausschmiß

■ Manfred Osthaus, neuer Senatsdirektor im Bauressort, hatte in Hagen keine Zukunft mehr / Bremer Erfahrung: Vor zehn Jahren Pläne zu weitgehender Hollerland-Bebauung entwickelt

Als Gerold Janssen, Naturschützer und Hollerland-Aktivist, in der Zeitung den Namen des neuen Bau-Senatsdirektors las, wäre er „fast von Stuhl gefallen“. Obwohl die Begegnung der beiden bereits mehr als 10 Jahre zurückliegt: Der Name Manfred Osthaus war dem Ökologen im Gedächtnis geblieben. War doch ein Gutachten aus der Feder des künfigen Senatsdirektors sozusagen Ausgangspunkt der Janssen'schen

Naturschützer-Karriere gewesen. 1977 war es, da hatte Osthaus im Auftrag des Senats ein Gutachten zur Hollerland -Bebauung abgeliefert. Und dieses Gutachten führte zur Gründung der überaus hartnäckigen Initiative „Rettet das Hollerland“.

Wäre es nur nach Osthaus gegangen, dann wäre heute etwa die Hälfte des Hollerlandes bebaut. Und auch die vorhandene Natur sah Osthaus als durchaus ergän

zungsbedürftig an. So sollten riesige Seen für Naherholung entstehen, zum Schwimmen, für Wassersport, Trimm-Pfade und Abenteuerspielplätze. Kleine Stilprobe: „Fischbesatz verhindert die Entwicklung von Mücken und ermöglicht die Ausübung des Angelsportes.“ In der Diskussion um das Gutachten wurden die Bebauungs-Pläne um etwa die Hälfte reduziert. Und die nun festgeschriebene Wohnbebauung

ist zwar seit Jahren in der Diskussion, aber noch nicht gebaut. Janssen: „Wenn Oshaus kommt, fürchte ich, daß jede Zurückhaltung aufgegeben wird.“

Für den Stadtplaner Osthaus ist die Berufung als Senatsdirektor in Bremen ein Karrieresprung im richtigen Moment. Denn in Hagen/Westfalen hat es sich Osthaus mit allen politischen Parteien verdorben, eingeschlossen seine eigenen SPD-Parteifreunde, die dort mit absoluter Mehrheit regieren. Ursprünglich war Osthaus als Dezernent für Stadtentwickung, Bau und auch Umweltschutz auf acht Jahre gewählt. Aus Unzufriedenheit mit seiner Arbeit wählte die SPD einen weiteren Dezernenten und beließ lediglich die Bauausführung bei Osthaus. Abgemachte Sache zwischen allen Parteien im Hagener Stadtrat war es, daß Osthaus 1991, wenn seine erste Amtsperiode endet, zu gehen habe. Und so ist auch SPD-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Fleischer al

les andere als enttäuscht über den vorzeitigen Abgang. Warum der Dezernent erst entmachtet wurde und später gehen sollte? Parteiinterne Gründe, sagte Fischer, und: „Es hat bei Bebauungsplanverfahren Verzögerungen gegeben.“

Für das Grüne Stadtratsmitglied Lothar Bertels ist Osthaus „fast eine tragische Figur“. Privat der Friensbewegung zu getan, in der Stadt meist mit dem Fahrrad unterwegs, sei er im Amt gescheitert. Er habe es nicht geschafft, die „Baumafia“ in der Verwaltung in den Griff zu bekommen. Folge: Umgehungsstraßen in autobahnähnlicher Breite, ein Parkraumkonzept, daß die Innenstadt für Autofahrer attraktiver mache, und ein gescheiterter Versuch, ein Radwege-Konzept umzusetzen. „Ein politisch wenig bedeutsamer Mann, der die Wende zur ökologischen Stadtentwicklung nicht geschafft hat“, so Bertels Fazit.

hbk

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