: Brasiliens Gewerkschaften planen Generalstreik
■ Antiinflationsprogramm Sarneys mit neuem Cruzado sowie Lohn- und Preisstopp 60.000 Staatsdiener werden entlassen, fünf Ministerien aufgelöst
Brasilia (afp) - Brasiliens Präsident Jose Sarney hat am Sonntag der Inflation in seinem Land „den totalen Krieg“ angesagt. Die Gewerkschaften wollen gegen den „Sommerplan“ von Sarney mit einem Generalstreik kämpfen. Mit dem Plan wurde ein neuer Cruzado geschaffen, der zunächst 1.000 alten Cruzados entsprach, dann aber sogleich um 17 Prozent abgewertet wurde, um im Wert einem Dollar zu entsprechen. Außerdem sind unter dem Sanierungsprogramm ein genereller Lohn- und Preisstopp vorgesehen sowie die Auflösung von fünf Ministerien und die Entlassung von 60.000 Staatsdienern.
Sarneys Reformprogramm basiert nach seinen Worten vor allem auf drei Hauptachsen: Sparsamste Haushaltsführung, Reduzierung der umlaufenden Geldmenge und das Einfrieren der Löhne und Preise. Der tief verschuldete Staat darf nur noch Geld leihen, um seine Schuldendienste (mit Zinsen) zu refinanzieren. „Das Schatzamt wird nichts mehr ohne entsprechende Einnahmen ausgeben und dies nur für Gehälter, für Schuldendienste und für direkte Sozialprogramme“, präzisierte Finanzminister Mailson da Nobrega auf einer Pressekonferenz.
Die Ministerien für Agrarreform, für Wasserbau, für Wohnungsbau und Soziales, für Wissenschaft und Technologie sowie für Industrie, Handel und Verwaltung werden aufgelöst. An ihre Stellen treten die beiden Superministerien für Industrielle Entwicklung und für Wissenschaft und Technologie. Außerdem werden 42 weitere Staatsorgane aufgelöst und 60.000 nichtbeamtete Staatsdiener entlassen.
Eine strikte Kreditaufnahme-Begrenzung im Inland soll die Erhöhung der umlaufenden Geldmenge bremsen. Der Kreditrahmen wird auf dem Stand von Dezember gehalten, die Zahlungsfristen für Verbraucherkredite werden um zwei Drittel gekürzt. Die Gehälter und Löhne werden auf dem Januarstand eingefroren. Durch diesen zeitlichen Rückgriff soll der „Walzer der Etiketten“ - die rasanten Preisaufschläge - der letzten Tage, als das Sanierungsprogramm schon erwartet wurde, wieder zurückgedreht werden.
Die Regierung will eine Liste mit 180 Artikeln veröffentlichen, „damit jeder kontrollieren kann, ob der Stopp wirklich eingehalten wird.“ Neue Mittel für den Staatshaushalt sollen auch über den Verkauf von Grundbesitz, Privatisierung von Stiftungen und Unternehmen sowie die Ausgaben von Aktien von staatlichen Unternehmen beschafft werden.
Am Samstag hatten die Abgesandten Brasiliens das Komitee der Gläubigerbanken des Landes in New York bereits über den „Sommerplan“ informiert. Der gemäßigte Gewerkschaftsführer Luis Antonio Medeiro vom Allgemeinen Arbeiterverband (CGT), der noch am Sonntag vor Bekanntgabe des „Sommerplans“ mit Präsident Sarney gesprochen hatte, erklärte zu dem Notprogramm: „Wir gehen in den Generalstreik. Wir wollten den Dialog, aber er funktioniert nicht.“ Die Arbeiter würden an dem im November geschlossenen Sozialpakt nicht mehr teilnehmen.
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