: Reklame muß sein
■ Das Gutachten des Ex-Generals Steinhoff zu Ramstein
Der Ex-Luftwaffengeneral Steinhoff hat festgestellt, die Stimmung bei den Piloten sei derzeit „äußerst deprimiert“. Kein Wunder, sollte man meinen: Wer stirbt schon gern im Schleudersitz? Aber nicht daß bei der derzeitigen Absturzquote jeder Start der letzte sein könnte, deprimiert die Ritter der Tiefflugschneisen, sondern die „Anfeindungen“ aus der Öffentlichkeit gegen die Kunst- und Tieffliegerei. Um diesen Anfeindungen entgegenzuwirken, so Steinhoff, müßten die Flug-Shows bleiben. Die „Massen“ brauchen das, meint der Ex-General, der sein halbes Gesicht im Zweiten Weltkrieg gelassen hat und trotzdem von der Fliegerei nicht ablassen konnte.
Immerhin bemerkenswert ist die implizite Aussage der Steinhoff-Kommission, daß derzeit kein vernünftiger Mensch einfach so, allein auf Grund des „Verteidigungsauftrags der Bundeswehr“, vom Sinn der Tief- und Kunstfliegerei zu überzeugen ist. Dazu bedürfe es eben zusätzlich der „fliegerischen Selbstdarstellung der Bundeswehr“, technokratisch gereinigt um die katastrophenträchtigen „Showeffekte“, harmlos wie „das Vorbeimarschieren der Truppe“. Kann denn ein bißchen Reklame Sünde sein?
Unklar bleibt nur, warum die Lufwaffe dafür eigentlich Flugtage wie den in Ramstein braucht. Die „fliegerische Selbstdarstellung der Bundeswehr“ findet doch täglich statt: nicht nur in Ramstein, sondern danach in Remscheid und jetzt in Wiesmoor. Die ganze Republik ist Schauplatz einer permanenten Flugschau. Jeden kann die Selbstdarstellung der Jetpiloten an jedem Übungstag treffen. Das müßte doch eigentlich reichen.
Martin Kempe
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