Mit Anwalt gegen Flughafen

■ Bagger schon dabei, Ochtum zu verlegen / „Sofortige Vollziehung“ / BürgerInnen und Gemeinde Stuhr klagen, um Ausbau des Flughafens zu verhindern

Was Einwohner-Versammlun gen und SPD-Zirkel trotz aller Klagelieder nicht geschafft haben, das sollen jetzt Verwaltungsgerichte von oben verfügen: den Baustopp am Bremer Flughafen. Bis zum 9. Januar durften Klagen eingereicht werden und mindestens vier „natürliche“ und „juristische“ Personen aus Bremen und Niedersachsen haben sich termingerecht gegen den Ausbau des Verkehrsflughafens zum MBB-Werksflughafen „beklagt“. Gewichtigste Klägerin ist die Gemeinde Stuhr, die im Süden Bremens an das Flughafengelände grenzt. Eingereicht hat die Klage - stellvertretend für 27.000 StuhrerInnen - der 1. Gemeindedirektor Hermann Rendigs. Der will der Presse allerdings nichts verraten: Der Verwaltungsausschuß müsse sich erst noch eine Meinung über die Er

folgsaussichten bilden.

Weniger verschwiegen ist der Bremer Anwalt Axel Adamietz. Der vertritt den Stuhrer Flughafen-Anwohner Wolfgang Bätz und hat bereits noch vor Akten-Einsicht seitenweise Planungsfehler entdeckt: „Als Jurist kann man da nur kopfschüttelnd nebenstehen. Da ist keine Rechtssicherheit drin.“ Ähnlich geht es dem zweiten Bürgermeister von Stuhr, Kryno Meinken. Der pensionierte BASF-Verkaufsdirektor ist überzeugter Grüner und betont immer wieder: „Ich komme ja aus der Wirtschaft. Bei uns im Betrieb wären solche Planungsfehler undenkbar.“

Der Flughafen-Ausbau soll sich in zwei abgetrennten „Verfahren“ vollziehen. Im Verfahren „Römisch Eins“ geht es darum, das Flüsschen Ochtum so weit zu verlegen, daß die 2.034 Meter

lange Startbahn „voll genutzt“ werden kann. Nur in diesem Verfahren kann bisher geklagt werden, wobei gleichzeitig die Bauarbeiten in der Ochtum-Niederung in vollem Gange sind: „Sofortige Vollziehung“ ist angeordnet. Im Verfahren „Römisch Zwei“ geht es darum, die auf voller Länge nutzbare Startbahn noch weiter zu verlängern, im Osten und im Westen jeweils um 300 Meter. Behördenargument: Wenn das MBB-Werk Bremen auch am neuen und größeren Airbus-Modell mitproduzieren will, muß der „Super-Guppy“, der die Bauteile transportiert, künftig mehr Startbahn zur Verfügung haben. ÖkologInnen befürchten jedoch, daß diese Argumente nur Vorwand sind für eine Ausdehnung des Flugverkehrs im allzu engen Neuenlander Feld. Seit gestern liegen im Verfahren „Rö

misch Zwei“ die Pläne aus, bis Anfang März können BürgerInnen Einsprüche erheben.

Im Verfahren „Römisch Eins“ hat Axel Adamietz u.a. folgende „Rechtswidrigkeiten“ und „Behörden-Eigentore“ entdeckt: Es wurde versäumt, die Gerichts-zuständigkeit zu vereinheitlichen. Somit sind zwei Verwaltungsgerichte, Bremen und Lüneburg, für ein und dieselbe Ochtumverlegung zuständig. Für „rechtswidrig“ hält Adamietz auch, daß es sich bei „voller Nutzbarmachung“ um eine „wesentliche Änderung“ des Bremer Airports hin von einem „Kurz-“ zu einem „uneingeschränkt nutzbaren Mittelstreckenflughafen“ handelt und somit eigentlich ein viel umfangreicheres Planungsverfahren notwendig wäre. Er ist optimistisch, daß die Gerichte seine Klagen erhören.

B.D.