Verbrauchersieg im Girokontostreit

■ Bundesgerichtshof erklärt Praxis der Banken, Bareinzahlungen auf Girokonten erst am nächsten Arbeitstag gutzuschreiben, für rechtswidrig / Kreditinstitute planen Gebührenerhöhungen / SPD begrüßt Urteil

Berlin (taz) - Christoph Schöneich, Kunde der Bezirkssparkasse Heidelberg, darf sich freuen - er bekommt 43 Pfennig zuviel berechneter Zinsen zurückerstattet. Das Bankgewerbe hingegen windet sich: Drei der neun Milliarden Mark, die der Zahlungsverkehr in der Bundesrepublik jährlich kostet, dürfen von Banken und Sparkassen jetzt nicht mehr verdeckt über ihre Buchungspraxis erwirtschaftet werden.

Gestern entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in letzter Instanz, daß die Geldhäuser künftig Bareinzahlungen auf Girokonten nicht mehr mit Verzögerung buchen und dadurch Zinserträge auf Kosten ihrer Kunden erzielen dürfen. Damit gewann die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg einen nahezu zweijährigen Prozeß, den sie schon in der ersten Instanz für sich und Schöneich entschieden, vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe jedoch verloren hatte.

Ausgangspunkt war der Ärger Schöneichs, der an einem Freitag vormittag 580 Mark auf sein Girokonto eingezahlt hatte, um damit eine gleichzeitige Überweisung von 576 Mark zu begleichen. Die Bezirkssparkasse Heidelberg hatte die Einzahlung erst mit Wertstellung zum folgenden Montag verbucht, bei der Überweisung aber für drei Tage Sollzinsen in Höhe von 0,43 Mark berechnet. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse enthielten die Klausel, daß die Wertstellung von Bareinzahlungen auf Girokonten einen Arbeitstag nach der Einzahlung erfolgten.

So geht es nicht, meinten die Richter: Entsprechende Klauseln benachteiligten den Kunden und seien daher unwirksam. Außerdem bezeichneten sie die Klausel als unangemessen, weil damit dem Kunden eine tatsächlich nicht bestehende Schuld auferlegt werde.

Die Sparkasse hatte argumentiert, daß sie das Geld nicht noch am gleichen Tag zinsbringend anlegen könne. Die Kreditinstitute, so die Richter, würden sich auf diese Weise erhebliche zusätzliche Einnahmen verschaffen. Wenn die Banken auf Einnahmen zur Kostendeckung der Kontoführung nicht verzichten könnten, müßte dies in Form offen ausgewiesener Gebühren geschehen.

Allgemein wird jetzt mit einem Anstieg der Kontoführungsgebühren gerechnet. Doch sie hat den Vorteil, daß KontoinhaberInnen die tatsächlich entstehenden Kosten jetzt sehr viel schneller ausrechnen können. „Das ist ein voller Erfolg für uns“, freute sich Günter Hörmann von der „Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände“. Auch SPD und FDP begrüßten das Urteil. Unklar bleibt bis zur Veröffentlichung der genauen Urteilsbegründung, ob die in der Vergangenheit zuviel kassierten Zinsen jetzt zurückgefordert werden können.

Diba