: Schwerarbeit-betr.: Mannsein als überflüssige Schwerarbeit zu Christina Thürmer-Rohrs un(i)mutiger "Wühlarbeit", taz vom 14.1.89
betr.: Mannsein als überflüssige Schwerarbeit
zu Christina Thürmer-Rohrs un(i)mutiger „Wühlarbeit“ in der taz vom 14.1.89
Nicht ohne Trotz habe ich es bislang meist vermieden, die Seite „Frauen“ in der taz zu lesen. Christina Thürmer-Rohrs veröffentlichter, auf dem Un(i)mut-Kongreß gehaltener Redebeitrag hat mich erkennen lassen, warum: Feminismus als kategorisierte Disziplin im Wissenschaftsbetrieb ist nichts weiter als verschärftes männliches Sortier- und Zuordnungsdenken und somit dem Dr. Manne untertan.
Dagegen ist (oder sollte sein?) Feminismus Durchdringung aller Lebens-, Liebes-, Arbeits- und somit auch Forschungsbereiche alles und somit Ziel. Soweit habe ich mich bemüht, (warum kommt sowas eigentlich auf die „Frauenseite“?) das zu verstehen, was unter „Wert -Demontage“, „Aufdeckung der Lügen“, „Verschärfte Einblicke“ und „Leidenschaftliche Interessen“ dem Manne um die Chauvi -Ohren geschlagen werden soll - nur zu! Wurde auch Zeit, denn meine männliche Seele hechelt und heuchelt nicht etwa halbherzig nach der Emanzipation der Frauen, vielmehr lechzt sie danach. Ist doch nach Vollendung des Prozesses ein Ende des schier unerträglichen Gockelstresses in Sicht und gleichberechtigt Entspannung zu erwarten (das wird echt kuschelig).
Die Vorstellung allein, daß Mutti am Herd für die vielköpfige (weil nicht mehr abtreibungsgeschwächte) Familie kocht, ist mir ein Greuel - das Bild gewinnt jedoch an grotesk grauenhafter Schärfe, wenn mir dämmert, als männlicher Flintenträger auf dieses antiquierte Idyll gedrillt, innerlich und äußerlich uniformiert und vor allem mit Waffengewalt verteidigen zu müssen. Dabei werden männerlogisch keine Gefangenen gemacht, Frauen und Kinder jedoch geschont. Entsetzlich. Also macht gefälligst Schluß mit der unendlichen Geduld weiblicher Bereitschaft zur Unterordnung und drückt euch nicht um die Verantwortung. (...)
Die frauseits angestrebte 50-Prozent-Marge in den Schaufensterauslagen sich demokratisch darstellender Öffentlichkeit (Parlamente, Gremien und von mir aus auch Le((e/h)rstühle) bleibt Dekoration unverkäuflicher Einzelstücke, wenn das Lager in angemessener Lieferfrist nicht nachkommt. Wird Zeit, daß diese Maloche zwischen Frauen und Männern gerechter geteilt wird.
Rainer Jessen, Berlin 38
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen