piwik no script img

CDU vor Pyrrhus-Sieg w.g. Schulden

Auf weitere Jahrzehnte in der Opposition scheint die Bundestagsfrakion der CDU/CSU eingerichtet gewesen zu sein, als sie seinerzeit gegen das Haushaltsgesetz 1981 eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hatte. Den Grund zur eigenen Klage lieferte sie nämlich - inzwischen selbst auf der Regierungsbank - bei der Erstellung des Haushaltes 1988 erneut.

Die Neuverschuldung (zusätzliche Kreditaufnahme in einem Jahr) des Bundes war 1981 mit 37 Milliarden Mark höher angesetzt, als die geplanten Investitionen, was eigentlich gegen Artikel 115 des Grundgesetzes verstieß. Eine Ausnahme läßt das Grundgesetz allerdings zu: Wenn eine „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ vorliegt, darf mehr gepumpt werden. Eine solche Ausnahmesituation machte der Vertreter der SPD-Fraktion, Alfred Emmerlich, für das erste Halbjahr 1981 vor Gericht nun geltend: Rückgang der Wirtschaftstätigkeit und Anstieg der Arbeitslosigkeit auf knapp 1,3 Millionen. Diese Gründe wollte CDU-Vertreter Josef Isensee aber nicht gelten lassen (angesichts heutiger Arbeitslosigkeit von über 2,2 Millionen auch kein Wunder). Gesetzt den Fall, daß die Klage der CDU-Fraktion („Dr. Kohl und andere“) Erfolg hat: Welche Konsequenzen eine nachträgliche Rüge für die damalige Regierung Schmidt haben könnte, ist nur schwer vorstellbar. Ein Sieg der CDU würde jedoch in jedem Fall auf sie selbst zurückfallen: Im Haushaltsjahr 1988 überstieg die Neuverschuldung in Höhe von 35,3 Milliarden Mark die Investitionsausgaben des Bundes (allerhöchstens 34 Milliarden Mark, je nach Zurechnung) erneut erheblich. Ein Lacher seitens der SPD-Fraktion wäre den Klägern bei ihrem Erfolg somit sicher. Zwei eigentlich auf dem Richtertisch vorgesehene Freunde der Union können der jetzigen Bundesregierung dabei nicht helfen. Aus Befangenheit abgelehnt wurden die Richter Klein (früheres CDU-Frakionsmitglied) und Kirchhof früherer Verfasser der Klageschrift).

ulk

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen