Kein schönrer Rainhard...

■ Am Mittwoch schmachteten zahlreiche Damen mittleren Alters bühnenah für Rainhard Fendrich: Miami Vice aus Österreich

„Macho, Macho“ heißt sein derzeit bekanntestes Werk, und trotz aller ironischer Distanz: Das „Macho„-Lied trägt autobiografische Züge. Die stattliche Ansammlung von Damen mittleren Alters im vorderen Bereich des Modernes ließ am Mittwoch jedenfalls darauf schließen, daß die einschlägige Wirkung des Mannes auf der Bühne der seines Alter Ego durchaus vergleichbar ist. Wer später kam, mußte sich seitwärts durch eine schier unüberwindliche Wand aus teuren Garments und edlen Parfüms drängeln, um dann hinten entäuschenderweise doch wieder zwischen VertreterInnen der gemeinen Gattung Fan zu stehen zu kommen: Mitklatschen, Mitsingen, Feuerzeuge und enthusiastische Kiekser auch auf den müdesten Gag des schönen Rainhard. Bezeichnend für das kleine Phänomen Fendrich: Vorne im ausverkauften Saal kein Durchkommen und hinten relativ viel Platz. Man/frau muß ihn halt vor allem sehen. Hochgewachsen, sportlich im Rhythmus swingend, mit Rosa und Schwarz vor, Glitter und Schwarz nach der Pause leicht overdressed - Miami Vice aus Österreich. Die Yuppie-Aura wird durch Accessoires verstärkt: Eine Hochglanzbroschüre (8 Mark), draußen am Devotionalientresen zu erstehen, bietet neben exaktem Konzertverlauf reichlich Werbung und tolle Fotos von Rainhard.Von links (ernst), rechts (nachdenklich) und beim Sport. „Es lebe der Sport“.

Fendrich präsentiert sich mit großem Aufwand als der deutschsprachige Sänger von internationalem Standard. Wer so auf die Wiener Sahne klopft, muß auch

technisch vom Feinsten bieten: Licht und Sound sind exzellent, Saxophonist Christian Felke und Gitarrero Andy Radovan (er bekommt Raum für drei eigene Songs der Marke Ich will so klingen wie Sting aber mindestens wie Jackson Browne) setzen sich leidlich in Szene. Felke hat die im Deutschrock schon zum Gähnen übliche Aufgabe, den biederen Kompositionen ein bißchen Instant-Jazz einzublasen, und Radovan drückt, wenn der Rainhard es heavy möchte, mächtig auf die Hardrock-Tube.

Das Repertoire besteht aus den meist ernst gemeinten Stücken der letzten LPs und den bekannten satirischen im Wiener Dialekt. Eindeutig ist seine neue Hinwendung zum „engagierten Schlager“, wie ihn Milva seit Jahren kultiviert und für den Fendrich Textstückchen aus der Retorte fischt wie vorprogrammierte Klänge aus dem Synthesizer: Vom regen, der alles fortwäscht, erzählt er, vom Wind, der sich ständig dreht, und den Fahnen, die darin wehen, wenn er von Westen kommt.

In den besten Momenten erinnert er an Klaus Hoffmann, in den kitschigsten an die „Münchner Freiheit“, mit denen er den Drang zu schmalzigen, aber perfekten Chorsätzen teilt. Zwischen allerlei musikalischen Nichtigkeiten verstecken sich ein paar hübsche Songs (wie das opulent arrangierte „Kein schöner Land“), authentisch wirkt er bloß bei den Mundart-Stücken. Doch auch hier bleibt fraglich, ob er dem, was Kollege Danzer schon vor 15 Jahren ins Mikro nuschelte, Entscheidendes hinzuzufügen hat.

Rainer Köster