Mit Streetworkern und SchuPos

■ Mehr Drobs-Stellen, mehr Polizei und mehr Konzept für Ostertor und SteintorDPWV-Geschäftsführer kritisiert Unterteilung in „geliebte und ungeliebte Drogen-Projekte“

Daß Bremen eine weit höhere Todesrate bei Drogenabhängigen hat als andere Großstädte (1988 starben 36 Junkies, das sind 5% der Süchtigen, in Hamburg und Amsterdam jeweils nur um 1%), ist höchst alarmierend. Das mußte sich gestern die Sozialdeputation von einem Experten, dem DPWV -Geschäftsführer Albrecht Lampe, sagen lassen, der ausnahmsweise und eigens „wegen der Bedeutung des Themas“ eine schriftliche Stellungnahme an alle Deputierten verschickt hatte, in der er den allzu beschwichtigenden Bericht des

Drogenbeauftragten, Thies Pörksen, deutlich kritisiert.

Die Delegierten der Sozialdeputation faßten gestern - fast einvernehmlich - zwei möglicherweise auch folgenreiche Beschlüsse. Erstens: Bis Ende März soll ein Gesamtkonzept zur Drogenpolitik erstellt werden, das die Belange der vier Ressorts Gesundheit, Soziales, Inneres und Bildung zum Thema soziale Verelendung, Aids, Drogensucht, Kriminalität und Prävention bündelt und auf gemeinsame Handlungslinien zuschneidet. Zweitens: Mit einem ganzen Katalog

von „Sofortmaßnahmen“ soll vor Ort und unabhängig vom Expertenstreit über richtige Drogenpolitik den Betroffenen geholfen werden: sieben zusätzliche Stellen für die Drogenberatungsstelle „Drobs“, mehr Straßensozialarbeit, besondere Hilfen für weibliche Prostituierte oder Drogenabhängige, bessere Entsorgung der gebrauchten Spritzen.

Nur an einem Punkt klappte die Koalition der vier Parteien in der Deputation nicht: Daß „durch eine verstärkte Präsenz der Schutzpolizei dem Sicherheits-Bedürfnis der Bevölkerung Rech

nung getragen“ werden sollte, mochte der Grüne Horst Frehe nicht mitbeschließen. Senatsdirektor Hoppensack hielt es dagegen „nicht für ein Drogenproblem, daß Leute sich schlecht benehmen“, und fand gegenüber der taz, daß da zwischen die, die „betteln und belästigen“, durchaus „ein Stück Ordnung“ reingehöre.

Nur vordergründig harmlos hört sich ein Punkt an, in dem es um „mehr Kooperation“ zwischen den bestehenden Trägern der Drogenarbeit geht. Hintergrund: Während die Drobs als städtische Einrichtung, die Awo und die „Bremer Hilfe“ voll auf Bremer SPD-Linie und gegen Methadon-Programme arbeiten, bekennt sich der kleine „Arbeitskreis Kommmunale Drogenpolitik“ als „Verein für akzeptierende Drogenarbeit“ zu betreuten Methadon-Programmen und mußte dafür jahrelang auf senatorisches Wohlwollen wie auf saftige Geldspritzen verzichten - wenn auch der Sozialsenator bei Gelegenheit gern als „Bremer Linie“ die beiden Spritzenautomaten rühmt, die der KomDroPo aufhängte und

täglich mitt sterilen Spritzen füllt.

Besonders skandalös hatte der oppositionelle kleine Verein gefunden, wie der Landesdrogenbeauftrage einen Antrag auf Bundesmittel schon im Vorfeld abgewimmelt hatte - der Verein käme dafür nach den Richtlinien „nicht in Frage“, hatte Pörksen geschrieben. DPWV-Geschäftsführer Albrecht Lampe sah das anders, erkundigte sich bei der Bundes-Zentrale und half beim Antragschreiben.

„Ich erwarte von einem Drogenreferat, die schwierige Arbeit so zu tun, daß alle ihren Platz haben. Geliebte und ungeliebte Projekte darf es nicht geben“, erklärte Lampe gegenüber der taz seine Verärgerung, „alle Träger müssen aktiv sein können, und Betroffene müssen sich die Hilfe ihrer Wahl suchen dürfen - ohne zuvor clean sein zu müssen.“ Integration heißt für ihn auch, die „große Bereitschaft der Bevölkerung im Viertel“ für ein Miteinander zu akzeptieren: „Die sind nicht alle sauer. Die wollen Hilfen für die Betroffenen - sofort.“ Susanne Paa