Einspruch aus Hagen: Neuer Bau-Senatsdirektor Osthaus zu schnell verurteilt

■ betr.: „Karrieresprung kurz vorm Rausschmiß“, taz vom 17.1.89

Von 1965 bis 1971 haben wir in Bremen gelebt. Wir hatten das Glück, die grünen Gebiete dieser Stadt zu bewohnen, erst an der Weser und später mit drei kleinen Kindern in Grolland. Diese Stadt trug noch die Spuren der fast völligen Zerstörung im 2. Weltkrieg, der Wiederaufbau in Beton und Stahl bot auf den ersten Blick wenig Schönes. Zusätzlich war die Stadt schon damals umgeben und durchzogen von Autobahnen und Zubringern, weitere waren in der Planung.

Das alles war das Werk von Stadtbaurat Böhme, als dessen Nachfolger Manfred Osthaus 1979 nach Hagen kam. Er begann in enger Zusammenarbeit mit Hagener Bürgerinitiativen sofort mit der Arbeit an dem längst überfälligen Flächennutzungsplan. Dabei warf er insbesondere mehrere Autobahnstraßen aus der Planung heraus oder begrenzte sie wenigstens auf ein städtebaulich erträgliches Maß. Ökologisch wichtige Landschaftsteile wurden durch seine Fürsprache als Baugebiete entwidmet.

Durch das von ihm maßgeblich entwickelte und durchgesetzte Programm zur Wohnumfeldvebesserung wurden aus völlig vernachlässigten Stadtteilen attraktive Wohngebiete mit Verkehrsberuhigung, Hinterhofbegrünung und herrlich restaurierten Fassaden. Nicht immer konnte er seine oder/und die Vorstellung der Bürger in vollem Umfang durchsetzen und mußte auch schon mal Parkplätze planen, wo er lieber einen Platz mit Bäumen für die Bürger geplant hätte.

Auch das Radwegekonzept ist noch sehr unvollständig, aber doch in Teilbereichen durchgängig fertiggeworden. Die örtlichen Gegebenheiten sind in einer zwischen Bergen und Tälern gebauten Stadt auch denkbar ungünstig.

Ganz besondere Verdienste hat sich Herr Osthaus bei der Förderung von Begegnungszentren für Stadtteilkultur erworben. Nach unseren Beobachtungen hat er mit unendlicher Beharrlichkeit und geduldiger Überzeugungsarbeit - oft hinter den Kulissen - die Bereitschaft der Mehrheitsfraktion gefördert, solche Begegnungsstätten nicht nur zuzulassen, sondern schließlich auch zu fördern.

In den 10 Jahren seiner Amtszeit hat sich die Wohnqualität in Hagen sehr verbessert. Es gibt auch Fehlplanungen, vieles geht zu langsam. Aber ein Stadtbaurat hat eine begrenzte Macht. Die politischen Entscheidungen fallen bei den Mehrheitsfraktionen im Rat. Die Bilanz seines 10jährigen Wirkens in Hagen ist im Vergleich zu dem Vorherigen sehr positiv. Daß der Stadtbaurat zunehmend Schwierigkeiten mit seiner Fraktion bekam, liegt vor allem daran, daß er Großprojekten sehr kritisch gegenüberstand, sie teilweise mit allen Mitteln zu verhindern suchte, wenn er sie für schädlich hielt.

Sein schon amtierender Nachfolger in der Planung, mit dem bewußt irreführenden Titel „Umweltdezernent“, plant und baut wieder zunehmend in Beton: Parkhäuser, Großbauten für die Vergnügungsindustrie, einen Großmarkt für Spielzeug usw. Die betroffenen Bürger reagieren mit zunehmender Empörung über diese Projekte, die die Stadt verschandeln und nur wenigen Profit bringen.

Mancher Kritiker der Planungsarbeit von Herrn Osthaus übersieht nicht so einen langen Zeitraum in dieser Stadt wie wir. Auch wird das Positive leicht totgeschwiegen oder schnell vergessen, wenn jemand erstmal in die Kritik geraten ist. Nach unserer Einschätzung ist durch noch sehr unvollständige Informationen ein einseitiges und teilweise falsches Bild von Herrn Osthaus in der Bremer Presse entstanden.

Dr. Kingreen, Hildegund Kingreen