: Radikale Linke beim Spitzel-Puzzle
■ Veranstaltung im Mehringhof mit Reagan und dem Weihnachtsmann zu Aktivitäten von V-Männern in der Szene / Ein langes Referat - keine Diskussion
An die 500 Menschen lauschten am Donnerstagabend im Mehringhof mucksmäuschenstill den Ausführungen eines Westberliner Alt-Genossen zum Thema „Aktivitäten des Verfassungsschutzes in der Szene“. Am Fallbeispiel Christian Hain, Deckname Flach, der jahrelang unenttarnt im Auftrag des VS in der Szene agieren konnte, sollten die Unterwanderungsmethoden des VS deutlich gemacht werden. Das aber mißlang.
Statt dessen wurden langatmig diverse Stationen und Aktionen von Christian Hain und Co. in der Szene aneinandergereiht, ohne jedoch die politische Dimension der Vorgänge auf den Punkt zu bringen. Dabei müßte man sich selbstkritisch fragen, wie es möglich ist, daß der Verfassungsschutz reihenweise V-Leute in die Szene einschleusen kann.
Diese längst fällige Diskussion blieb aus. Nicht dagegen jedoch die obligatorischen Querschläger gegen die Berichterstattung der taz. Gemäß dem Veranstaltungsthema konspirativ unter Pappmasken - von Reagan bis zum Weihnachtsmann - verborgen, tauchten plötzlich die Handverkäufer der Untergrundzeitschrift „radikal“ auf. Während Reagan und der Weihnachtsmann das Blatt an Frau und Mann brachte, galt die Vorsichtsmaßnahme: „Keiner verläßt den Saal“.
Die Türen blieben zu, um eilige Denunziation und Polizeimaßnahmen gegen die Verkäufer der verbotenen Zeitschrift zu verhindern. Das kann jedoch allenfalls ein punktueller Schutz vor dem Zugriff der Staatsgewalt sein.
Denn, so wußte VS-Chef Dieter Wagner vor dem Untersuchungsausschuß unlängst zu berichten: „Gegen die Zeitschrift radikal setzt das Amt alle operativen Maßnahmen ein.“ Als da sind: V-Leute, Post- und Telefonüberwachung.
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