Ein Drittel von 1,9

■ Italiens Sozialdemokraten haben sich gespalten

Rom (taz) - Italiens Sozialdemokraten haben sich zur Spaltung entschlossen - angesichts von 1,9 % Wählerstimmen ein heroischer Schritt. Nach monatelangen Auseinandersetzungen zwischen der Gruppe um Parteichef Cariglia und der etwa ein Drittel des Direktoriums umfassenden Opposition um die ehemaligen Vorsitzenden Longo und Romita hat eine Minderheit die PSDI verlassen. Die Aussteiger beklagen mangelnde Führungsqualitäten von Cariglia. Der Parteichef ziehe einsame Entscheidungen demokratischen Diskussionen vor.

Tatsächlich aber suchen sie sich wohl über die drohende Zugangshürde zum Parlament hinwegzuretten, die die großen Parteien derzeit nach bundesdeutschem Muster diskutieren (3 oder 5 %): alle Ex-PSDI-Genossen haben sofort die Aufnahme in die Sozialistische Partei beantragt - aus der die Sozialdemokraten sich ihrerseits vor mehr als 35 Jahren abgespalten hatten.

Für den PSI-Chef Bettino Craxi, der seit Monaten um eine Rückkehr der verlorenen Brüder wirbt, ist all das eine Enttäuschung: daß nicht die gesamte Partei zu ihm zurückfließt, stört seine ehrgeizigen Pläne, bei den nächsten Wahlen endgültig an die ersehnte 20%-Marke heranzukommen (derzeit hat er im Parlament gut 14, in einigen Regionen bis zu 17 %). Außerdem rümpfen Spitzengenossen die Nase über die Qualität der Neusozialisten: der ehemalige PSDI-Chef Pietro Longo mußte vor vier Jahren wegen seiner Mitgliedschaft in der kriminellen Geheimloge „Propaganda 2“ als Minister und als Parteivorsitzender zurücktreten.

Werner Raith