: Keine Ruhe für die Leichen im VfS-Keller
■ SPD will die Beteiligung des Berliner VfS am Schmücker-Mord und die Bespitzelungen weiter erforschen / Zwei Untersuchungsausschüsse geplant
Die SPD „hat sich verpflichtet“, in der nächsten Legislaturperiode „mindestens zwei Untersuchungsausschüsse“ zu Mißständen beim Berliner Landesamt für Verfassungsschutz zu beantragen, erklärte der scheidende SPD-Abgeordnete Erich Pätzold am Montag abend zum ersten Mal in der Öffentlichkeit. Ein Untersuchungsausschuß soll sich ausschließlich mit dem Mordfall Schmücker, der Verwicklung des Verfassungsschutzes und dem Verschwinden der Tatwaffe beschäftigen. Dabei soll auch die Beschnüffelung des Schwipper-Anwalts Philipp Heinisch durch einen Verfassungsschutzmitarbeiter zur Sprache kommen, der in dessen Kanzlei arbeitete. Die „Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen“ (ASJ) hatte ihre Partei vor einigen Tagen dazu aufgefordert, sich für die Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Die Stimmen von SPD und AL würden zur Einsetzung der Ausschüsse ausreichen. Neben dem Schmücker-Ausschuß soll sich ein zweiter mit der Ausspähung von Journalisten, Abgeordneten „und allem anderen“ beschäftigen. Pätzold, der selbst von dem Verfassungsschutzmitarbeiter Telschow ausgespäht wurde, hat inzwischen die Innenverwaltung aufgefordert, die Aufzeichnungen, die das Verfassungsschutzamt über ihn gemacht hat, an ihn herauszugeben. Sie seien von hohem Interesse für den kontrollierten Kontrolleur.
Neue Gestapo?
Noch mehr Fällen, mit denen sich der zweite Untersuchungsausschuß beschäftigen könnte, kam die Stadtillustrierte 'Zitty‘ auf die Spur. Nach eigenen Angaben weiß das Blatt „aus sicherer Quelle“, daß das Landesamt für Verfassungsschutz fünf verdeckte beamtete Ermittler in der linken Szene einsetzte. Die Beamten seien vom Verfassungsschutz operativ geführt worden, obwohl sie Polizeibeamte seien. Die fünf seien dazu mit einer völlig gefälschten Legende ausgestattet worden. Dazu gehören falsche Papiere, Wohnungen und ein neu erfundenes Vorleben. Wenigstens zwei der Ermittler sollen in der Nacht vom 1.auf den 2.Mai 1988 von Polizeibeamten verprügelt worden sein. Einer mußte ins Krankenhaus eingeliefert werden. Zwei seien wegen Steinwürfen verurteilt worden, die sie aber nicht begangen hätten.
RiHe
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