: Plastikgeschosse forderten 47 Opfer
■ Israelische Armee gibt erstmals an, wieviele Palästinenser durch „nichttödliche“ Plastikgeschosse getötet wurden / Öffentliche Kontroverse über den Einsatz der Geschosse
Jerusalem (wps/taz) - Die israelische Armee hat am Montag erstmals bekannt gegeben, wieviele Palästinenser in den besetzten Gebieten den angeblich nichttödlichen Plastikgeschossen in den letzten fünf Monaten zum Opfer gefallen sind: Die Zahl der Toten beläuft sich auf 47. Die Kontroverse in Israel über den Einsatz dieser Munition erhält damit neuen Zündstoff.
Der Sprecher der Armee, Brigadegeneral Lapid, der die Angaben über die Opfer machte, meinte, es handele sich nicht um eine hohe Zahl. Zugleich bestätigte er, daß höhere Offiziere in der Westbank und dem Gaza-Streifen ihre Truppen jetzt dazu anhalten, die Feuereröffnung auf Demonstranten zu vermeiden, nachdem letzte Woche 14 palästinensische Jugendliche erschossen worden waren.
Bislang hatte sich die Armeeführung geweigert, Zahlen über Tod durch Plastikgeschosse zu veröffentlichen. Sie hatte darauf beharrt, daß die Geschosse nicht tödlich seien, wenn sie gemäß den Bestimmungen eingesetzt würden. Gemäß diesen, bisweilen allerdings sehr flexibel ausgelegten Bestimmungen sollen die Patronen nur im Abstand von mindestens 100 Metern eingesetzt und mit ihnen nur auf die Beine und nicht auf Frauen oder Kinder unter sechszehn gezielt werden. Mit normaler Munition dürfen die Soldaten nur dann schießen, wenn sie sich in Lebensgefahr befinden. Plastikgeschosse können sie seit einigen Tagen gegen Palästinenser einsetzen, die mit Steinen geworfen oder Barrikaden errichtet haben, oder auch, wenn sie vor den Soldaten fliehen. Diese Ausweitung der Feuererlaubnis durch Verteidigungsminister Rabin hatte auch innerhalb der Regierung zu Meinungsverschiedenheiten geführt.
Am Sonntag hatte die Liga für Menschen- und Bürgerrechte beim Obersten Gerichtshof eine einstweilige Verfügung gegen den Einsatz der umstrittenen Geschosse beantragt. Ihr Argument, das jetzt von dem Militär bestätigt wurde: Die Patronen hätten schon Dutzende von Palästinensern getötet. Damit, so folgerte die Gruppe, stehe der Einsatz der Plastikgeschosse gegen Zivilisten im Widerspruch zum Völkerrecht.
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