: Gräfliche Hetzjagd in Melbourne
■ Steffi Graf im Finale der Australian Open gegen die Tschechoslowakin Helena Sukova
Berlin (taz) - Problemlos wie selten zuvor besiegte Steffi Graf im Halbfinale der Australian Open ihre hartnäckigste Widersacherin Gabriela Sabatini. Nach beiderseitigem nervösen Beginn, als Sabatini und Graf jeweils ihre Aufschlagspiele verloren und es 2:2 stand, bekam die 18jährige Argentinierin kaum noch einen Ball, und in nur 49 Minuten war das als vorweggenommenes Endspiel betrachtete Halbfinale vorbei. „Sie hat mich herumgehetzt“, gab Sabatini zu, mochte aber nicht das überragende Spiel ihrer Gegnerin für das mit 3:6, 0:6 ziemlich deftig ausgefallene Debakel verantwortlich machen: „Das lag nur an mir. Ich habe mich so müde gefühlt und war deshalb machtlos.“ Vor 14.000 Zuschauern bot die 19jährigen Steffi Graf perfektes Tennis, dennoch beharrte Sabatini trotzig auf ihrer Chance, die Nummer Eins zu werden: „Mein Rückstand ist nicht größer geworden. Künftig werde ich noch härter arbeiten.“
Im Finale trifft Steffi Graf am Samstag auf die Tschechoslowakin Helena Sukova, die im Viertelfinale mehr oder weniger überraschend Martina Navratilova aus dem Turnier befördert hatte. In einem packenden dritten Satz hatte sich die 23jährige Pragerin mit 9:7 durchgesetzt und dafür gesorgt, daß Navratilova wieder nicht die ersehnte Gelegenheit bekam, ihrer ungeliebten Nachfolgerin Graf persönlich die Leviten zu lesen. Mit beträchtlicher Mühe gewann Sukova dann auch das Halbfinale gegen die ungesetzte Neuseeländerin Belinda Cordwell 7:6, 4:6, 6:2.
Auch wenn die Weltranglistenerste meinte, daß das Finale „sehr schwer“ werde, ist ihr erster Grand Slam-Titel 1989 in greifbarer Nähe, denn gegen Sukova hat Steffi Graf von neun Begegnungen nur eine einzige verloren. Und da war sie gerade 13 Jahre alt.
Bei den Männern kamen mit Miloslav Mecir und Ivan Lendl nur zwei gesetzte Spieler ins Halbfinale, wofür vor allem eine unselige Auslosung und frühzeitige Indisponiertheit der Herren Wilander und Becker verantwortlich war. Während sich in der einen Hälfte des Classements die Favoriten McEnroe, Lendl, Edberg, Cash förmlich auf die Füße traten, tummelten sich in den anderen Viertelfinalen neben Mecir relative Nobodys wie Gunnarsson, Svensson und Ivanisevic.
John McEnroe wehrte sich im Viertelfinale gegen den unüberwindlich scheinenden Lendl zwar recht tapfer, hatte aber beim 6:7, 2:6, 6:7 nicht den Hauch einer Chance. „Ich habe gut gespielt, er war große Klasse. Das hat heute den Unterschied ausgemacht“, erkannte der bärbeißige Amerikaner neidlos an. Für einen weiteren Spannungsabfall sorgte der Schwede Edberg, indem er im Achtelfinale mit einem Streich den „Local hero“ Pat Cash und sich selbst aus dem Wettbewerb katapultierte. Beim Stande von 6:4, 6:0, 5:2, 30:15 zerrte er sich heftig den Rücken, beendete dennoch nahezu bewegungsunfähig das Match zu seinen Gunsten und meldete sich anschließend krank. Nutznießer seines Unglücks war der Österreicher Thomas Muster, der nun schnurstracks und kampflos ins Halbfinale gegen Lendl einziehen durfte. Das andere Halbfinale bestreiten Mecir und Gunnarsson.
Matti
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