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Katalysator vor dem europäischen Kadi?

EG-Streit um Den Haags Alleingang für abgasarme Autos  ■  Von Alexander Smoltczyk

Berlin (taz) - Die EG-Kommission möchte die Niederlande vor die Schranken des Luxemburger Gerichtshofes ziehen, um den ökologischen Vorreitern in Den Haag die Binnenmarktleviten zu lesen: Falls die Niederlande ihre für den 1.Februar beschlossenen Steuererleichterungen für abgasarme Autos nicht zurückziehen, wird die Delors-Behörde Klage wegen „illegaler staatlicher Beihilfen“ und „Wettbewerbsverzerrung“ erheben. Der niederländische Umweltminister Ed Nipels sieht einem Schauprozeß in Luxemburg, bei dem sich entscheiden kann, ob auch die Umweltpolitik eines souveränen Staates den Imperativen des Binnenmarkt-Liberalismus unterliegt, „mit Zuversicht“ entgegen.

Bisher setzte die Kommission auf Verhandlungen, doch nachdem sich die Europäer im November nicht darauf einigen konnten, ob es den einzelnen Mitgliedsländern erlaubt sein darf, abweichend von der EG-Norm strengere Umweltschutzstandards zu setzen, blieb den Kommissaren nur der Richterspruch. Es bedurfte nur eines Corpus delicti. Der ist jetzt gefunden. Denn Holland hält daran fest, von Mittwoch an die Steuer für Fahrzeuge mit EG-Abgasnorm um 850 Gulden und für Fahrzeuge mit Drei-Weg-Katalysatoren nach dem US-Standard um 1.700 Gulden zu senken. Minister Nipels hofft, die Abgasbelastung durch den Autoverkehr um 75 Prozent verringern zu können. Die EG-Partner sahen in den Plänen Den Haags schon im November eine Verletzung von Artikel 93 des EWG-Vertrags, nach dem mißbräuchlich gewährte Beihilfen des Staates mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar seien, sofern Kommission und Ministerrat nicht zustimmten. Frankreichs Umweltminister und Ex-Grüner Brice Lalonde entdeckt in Hollands Umweltbewußtsein lediglich eine einseitige Begünstigung der USA zum Schaden Frankreichs, das als Hauptexporteur von Kleinwagen besonders betroffen wäre.

Falls die niederländische Regierung keinen Rückzieher macht und das Gesetz in Kraft tritt, kann die Kommission nächste Woche einen sofortigen Stopp der Steuervergünstigungen verfügen und Klage vor dem EG-Gerichtshof einlegen. Wenn die Luxemburger Richter dem Umweltschutz Vorrang vor gleichen Wettbewerbsbedingungen zusprechen, wäre ein Präzedenzfall geschaffen, der auch Umweltminister Töpfer in Zugzwang setzt. Die Bundesregierung beobachtet die Entscheidung der Richter in Luxemburg mit „großem Interesse“. Bonn habe sich beim EG-Abgaskompromiß verpflichtet, keinen Alleingang zu wagen. Sollte der Europäische Gerichtshof aber positiv zugunsten des Alleingangs entscheiden, werde Bonn eigene Maßnahmen initiieren, sagte Töpfers Sprecher Huthmacher gegenüber der taz.

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