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Bonn gegen EG-Pläne zur Gentechnik

■ Das Forschungsvorhaben löst im Bundestag einen Sturm der Entrüstung aus / Riesenhuber äußert gravierende Bedenken wegen Unterscheidung zwischen „lebenswertem“ und „lebensunwertem“ Leben

Bonn (ap) - Die Bundesregierung wird dem von der EG -Kommission vorgeschlagenen Forschungsprogramm zur „vorhersagenden Medizin“ durch Analyse der menschlichen Erbanlagen wegen gravierender ethischer Bedenken in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Das hat Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber am Donnerstag in einer kurzen Bundestagsdebatte deutlich gemacht. Grund der Bedenken sind im Programm enthaltene, in der wissenschaftlichen Diskussion mit dem Begriff „Eugenik“ verbundene Tendenzen, die Genomanalyse und ihre Möglichkeiten zum Erkennen von Erbkrankheiten und ihrer Ursachen zu nutzen, um zwischen „lebenswertem“ und „lebensunwertem“ Leben zu unterscheiden.

Die eugenische Zielsetzung, die im Bundestag einen überparteilichen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat, wird in der Begründung des EG-Forschungsprogramms offen ausgedrückt: „Zusammengefaßt zielt prädiktive Medizin darauf ab, Personen vor Krankheiten zu schützen, für die sie von der genetischen Struktur her äußerst anfällig sind, und gegebenenfalls die Weitergabe der genetischen Disponiertheit an die folgende Generation zu verhindern.“ In einer mit den Stimmen von Union, FDP und SPD verabschiedeten Entschließung forderte das Parlament die Bundesregierung auf, in der EG darauf hinzuwirken, daß diese eugenische Begründung zurückgenommen und einer möglichen Entwicklung einer eugenisch orientierten Gesundheitspolitik in der EG entgegengewirkt wird. Die Grünen stimmten gegen diese Entschließung, weil sie das gesamte EG-Programm ablehnen. Der SPD-Politiker Wolf-Michael Catenhusen nannte es unfaßbar, daß eine eugenische Zielsetzung in einem offiziellen Programm der EG enthalten sei.

Ebenfalls auf einmütige Kritik stieß im Bundestag der Entwurf einer EG-Richtlinie über den Umgang mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen. Hier wurde die Bundesregierung aufgefordert, in der EG strengere Regelungen entsprechend den deutschen Vorschriften durchzusetzen, darunter ein förmliches Zulassungs- und Genehmigungsverfahren statt der vorgesehenen bloßen Registrierung von Gentechnik-Fabriken und -labors.

Gegen Gen-Analyse

bei Einstellungen

Mainz (ap) - Die Genomanalyse zur Bestimmung von Erbanlagen sollte nach Auffassung der rheinland-pfälzischen Bioethik -Kommission bei der Auswahl von Arbeitsplatzbewerbern grundsätzlich ausgeschlossen werden. Lediglich unter engen, gesetzlich festgelegten Voraussetzungen könne eine Analyse der Gene zugelassen werden, heißt es in einem am Donnerstag in Mainz vorgestellten Bericht der Kommission über Humangenetik.

Die Kommission war 1985 von der Landesregierung berufen worden und hat sich bereits zur Fortpflanzungsmedizin geäußert. Der Vorsitzende, Justizminister Peter Caesar, wies auf Risiken und Mißbrauchsmöglichkeiten der Gentechnologie hin. Dennoch wäre es verantwortungslos, die Chancen nicht zu nutzen. Im Falle eines Verbots von Grundlagenforschung oder wirtschaftlicher Nutzung in der BRD würden risikoreiche Forschungsarbeiten in Regionen und Staaten mit niedrigem Schutzniveau verlagert.

Bei der Genomanalyse im Arbeitsleben kommt die Kommission zu dem Ergebnis: „Das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers verbietet es, ein umfassendes Profil der genetisch bedingten Eigenschaften zu erheben.“ Genetische Veranlagungen dürften nur erfaßt werden, wenn eine schwerwiegende gesundheitliche Schädigung des Arbeitnehmers durch bestimmte Arbeitsstoffe zu befürchten sei und andere Diagnoseverfahren nicht zur Verfügung stünden. In Gerichtsverfahren dürfe die Genomanalyse nur zur Identifizierung des Täters oder bei Vaterschaftsklagen zur Abstammungsfeststellung eingesetzt werden. Die Kommission nahm damit Stellung zum sogenannten „genetischen Fingerabdruck“, bei dem die Genstruktur von Blut-, Sperma-, Haut- oder Haarwurzelresten des Täters, die am Tatort gefunden wurden, ermittelt werden. Die Genomanalyse dürfe nicht zur Feststellung der Schuldfähigkeit genutzt werden, befand die Kommission. Die Kommission sprach sich entschieden dagegen aus, daß eine Genomanalyse zur Voraussetzung für den Abschluß eines Versicherungsvertrages gemacht werden darf.

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