: Krimis: "Ein Kreuz für den Rabbi"/"Am Freitag schlief der Rabbi lang" von Harry Kemelmann
Zwei archäologische Facharbeiter vom Amt für Altertümer finden in einer Baugrube in der Altstadt von Jerusalem einen toten Amerikaner. Klare Sache: Ein Fall für die Polizei! Denkste: Wir befinden uns in Israel und hier ist eine amerikanische Leiche selbstverständlich ein Fall für den Geheimdienst, nationales Sicherheitsinteresse und so. Also wird der Shin Bet, Israels nationaler Sicherheitsdienst, eingeschaltet. Uri Adoumi, Sektionschef für Jerusalem, kümmert sich persönlich um den kalten Yankee. Er findet ziemlich schnell heraus, daß die Leiche in lebendigeren Zeiten Professor Abraham Grenish war. Der Geheimdienstmann tut seine Arbeit, er sammelt Informationen. Der Mossad hilft ihm: Grenish ist in ihren Akten. Trotzdem kommt Adoumi nicht weiter. Da trifft es sich gut, daß der US-Rabbi David Small und sein analytischer Verstand gerade im Heiligen Land Urlaub machen. Der clevere Rabbi hat alles schnell im Griff und mit talmudischer Logik löst er das Geheimnis des toten Professors. Ein Kreuz für den Rabbi ist der neunte Rabbi -Krimi von Harry Kemelman. (rororo 2860)
Als Professor Kemelman 1964 seinen ersten Rabbi Roman veröffentlichte, war er mit einem Schlag ein berühmter Mann. Am Freitag schlief der Rabbi lang wurde ein Bestseller (alle anderen Rabbi-Krimis übrigens auch) und mit dem Edgar -Allen-Poe-Preis ausgezeichnet. Schon vom zweiten Roman an war für Kemelman die Kriminalhandlung weniger wichtig als die liebevoll-humoristische Schilderung des Milieus: Barnard's Crossing in Massachusetts, wo Rabbi Small mit seiner Frau Miriam lebt und wirkt. Der Rabbi ist kein Mann Gottes, er ist nicht der Oberhirte der Gemeinde im Sinne eines katholischen Priesters oder eines protestantischen Pastors. Seine Tätigkeit beschränkt sich hauptsächlich auf die Bewahrung und Lehre der jüdischen Tradition. Er ist befugt als Richter zu fungieren und in Streitfällen zu schlichten, obwohl das kaum von ihm verlangt wird. Action ist bei dem gelehrten Rabbi nicht angesagt. Auch auf die erste Leiche muß der Leser oft lange warten (in Ein Kreuz für den Rabbi taucht sie erst auf Seite 132 auf), aber man muß diesen Rabbi einfach lieben. Und ganz nebenbei erfährt der Leser eine Menge über jüdisches Leben und Brauchtum.
Karl Wegmann
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