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MARCIA PALLY

 ■ American Short Stories: Tips für eine anständige Wahlparty

Es gibt nichts schöneres als die Party zur Amtseinführung eines Präsidenten: Glanz und Lichter (die im Fall von George Bush die Lichter symbolisieren, die uns als den edleren, freundlicheren Amerikanern unter seiner Leitung aufgehen sollen); Action und Aufregung, nicht zu vergessen die Reporter, die den Luftschlangen und Lobeshymnen ihre Journalistenlyrik hinzufügen und die kniffligsten Fragen des Tages austüfteln: Deuten die Schweineschwarten-Hors d'oeuvres darauf hin, daß der neue Präsident auf dem Boden der Tatsachen steht? Sind die Popmusik-Bands so zu interpretieren, daß das Weiße Haus nach dem Auszug von Reagans oberen Zehntausend zur Absteige wird? Zugegeben, auch die Reagans waren Emporkömmlinge, aber bedeutet Barbara Bushs offenes Haus, offen für die mit Turnschuhen und Pelzmützen ausgestatteten Touristenmassen, daß die Staatsgewalt ab sofort tatsächlich vom Volke ausgeht? Oder wird Bushs Yale-Stil sich durchsetzen? Werden sein Geldadel (immerhin etwas adliger als der Reagans) und seine Ostküstenabstammung ihm Punktabzug einbringen oder mehr Noblesse verleihen? Ist Bush der erste Patrizier-Präsident seit Kennedy? Egal, ob Kennedy sen. ein Rumschmuggler und Schwindler war (und ein Emporkömnmling), die Frage lautet: Ist Bush Einer von Uns?

EVU, „Einer von uns“, ist ein äußerst wichtiger Faktor in der amerikanischen Politik, denn jeder will, in einem Anfall von kollektivem Egoismus, jemanden wählen, der ist wie man selbst. EVU - die Alternative dazu ist NUKW, „Nicht unsere Kragenweite“ - erklärt, warum Wahlkampfkandidaten in dem einen Wahlkreis gefillte Fisch in sich hineinstopfen, im nächsten Chop Suey, und wieder in anderen Souvlaki, Empanades oder Fettucini und warum EVU auch bekannt ist als der Underberg-Faktor. Aber eines ist klar: In Bushs Fall ist der Stab, der sich um seinen EVU-Faktor kümmert, nicht Einer von Uns.

Aber trotzdem bin ich natürlich genauso für eine gute Party wie der Auspufftopfmechaniker in der nächstbesten Kleinstadt, und weil ich wie Bush für Brot und Spiele bin, hier noch ein paar Vorschläge für die Show. Eine meiner Favoriten ist das Mädchen, das auf vier Stangen Dynamit hockt und sich selbst in die Luft jagt. Allison Bly, Ex -Fotomodell, Aerobic-Lehrerin und Armeereservistin, ist bereits über 122mal in den USA, Europa und Kanada und für über 15 Millionen japanische Fernseh-Zuschauer in ihren Todessarg aus Styropor geschlüpft, hat sich den Zündstoff zwischen die Beine geklemmt und ihn angesteckt. Das Styropor fliegt in Fetzen, Bly bleibt unversehrt und die Massen sehen das lieber als einen explodierenden Ralleyfahrer. Bly hat ihre Konzession vom Bundesamt für Alkohol, Tabak und Feuerwerkskörper - ich denke, es macht sich gut auf einer Regierungsfeier - sie bekommt 2.000 Dollar pro Explosion und sagt, es sei besser als Sex. Schon wegen ihres blauweißroten Bikinis eignet sie sich besonders gut für ein Präsidentenfest.

Auch Grave Line Tours, ein Unternehmen aus Los Angeles, könnte eine Nummer für den D. C. Ausarbeiten. Greg Smith führt Touristengruppen in einem Cadillac-Leichenwagen auf einer 2 1/2-Stunden-Tour den Todesstil der Prominenz vor Augen. Er fährt sie zum Beispiel dorthin, wo Janis Joplin ihre Überdosis nahm oder wo Marylin ihr letztes Rezept kaufte oder wo George Reeves, TV-Superman, sich eine Kugel in den Kopf jagte. Smith, ehemaliger Student an der Schule für Leichenbestatter, recherchierte sein Material an der Universität von Los Angeles und im Landesamt für Leichenbeschauung und stellte 200 Orte zusammen für mindestens 17 Stunden Besichtigungsprogramm. Herr Smith ist sicher, bei dem kulturellen Reichtum unserer Haupstadt ließen sich auch in Washington ähnlich beeindruckende Schauplätze finden.

Auch das Power Team, auf den ersten Blick vielleicht mehr nach Reagans als nach Bushs Geschmack, würde sich bestimmt gut machen. Eine Gruppe von sechs Wiedergeborenen, Gewichtheber, die zusammen über 1800 Pfund Muskeln auf die Waage bringen. Das Power Team verbiegt Stahlrohre, löscht brennenden Beton (??? d.L.), reißt Bäume aus und stemmt, auf einem Nagelbrett liegend, 320 Pfund in die Höhe

-alles für Jesus.

Für Gott reisen die Goliaths quer durchs Land zu Schulen und Kirchen, um Sünden- und Heilsgeschichten zu bekennen, und zwischendurch vollbringen sie Kraftakte vor Unmengen von Teenies, die ausflippen, als stände Elvis auf der Bühne. „Kinder müssen davon überzeugt werden“, erklärt Pfarrer Martin Marty, „daß das Christentum nicht verweichlicht ist“. Das Team, gegr. 1980, verfügt über ein Budget von 2,5 Millionen Dollar. Ihr Leiter, John Jacobs, gibt die Vierteljahres-Zeitschrift Power heraus und ist verantwortlich für die wöchentliche TV-Sendung Power Connection. Obwohl sie für drei Monate im voraus ausgebucht sind, ließe sich ein Auftritt vor der Präsidentenfamilie sicherlich arrangieren, bestimmt fühlen sie sich geehrt.

Letzte Meldung: Doug Marlette von der Atlanta Constituion veröffentlichte zur Amtseinführung folgenden Cartoon: Vor den zum Schweigen gebrachten Zuschauern wird Bush auf sein Amt vereidigt: „Willst du, George Bush, versprechen, die Verfassung zu wahren, zu beschützen und zu verteidigen... Und schwören, daß Du nicht stirbst, so wahr Dir Gott helfe?“ Sein Vize Don Quayle mußte schweigend dabeistehn.

Aus dem Amerikanischen von Cornelia Jörgens und Christiane Peitz

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