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Ein unbequemer Regisseur

■ Der französische Regisseur Andre Cayatte wird 80

Mit Andre Cayatte wird am 3.Februar ein juristisch geschulter Regisseur 80 Jahre, der mit seinen Filmen über die Fragwürdigkeit der Justiz und die Heuchelei im Privatleben nicht nur in Frankreich jahrzehntelang für Aufsehen gesorgt hat. Der Sohn eines Industriellen hatte sich bis zum Zweiten Weltkrieg bereits als Journalist und Schriftsteller (L'Assassinat du President, Le Traquenard) einen Namen gemacht, bevor er sich 1943 mit Au Bonheur des Dames dem Film zuwandte.

Seinen Durchbruch als Regisseur feierte Cayatte 1948 in Frankreich mit Les Amants de Verone (Die Liebenden von Verona). Weltberühmt machte ihn die 1950 begonnene, gemeinsam mit Charles Spaak gedrehte Trilogie über die Probleme der Strafjustiz: Justice est faite (Schwurgericht), Nous sommes tous des assassins (Wir sind alle Mörder) und Le Dossier Noir (Die schwarze Akte). Der Erfolg war jedoch begleitet von Zensurmaßnahmen, vom Justizministerium durchgesetzten Drehverboten und zahlreichen Drohbriefen.

Heftig angefeindet wurde in Frankreich auch sein 1960 gedrehter Film Le passage du Rhin (Jenseits des Rheins). Das Werk über einen französischen Kriegsgefangenen des Ersten Weltkrieges, der nach Deutschland zurückkehrt, wurde jedoch auf der Biennale mit dem Goldenen Löwen und auf den Berliner Filmfestspielen preisgekrönt.

Dann wandte sich Cayatte dem gesellschaftsrelevanten Privaten zu. In La Vie Conjugale (Meine Nächte mit Jacqueline - Meine Tage mit Pierre) behandelte er in zwei „parallelen“ Filmen aus der Sicht des Mannes und der Sicht der Frau das Thema Ehe und Scheidung. Die Kritik an seinem Werk blieb ihm treu: Filmpreise, aber auch lautstarke Angriffe handelte er sich 1971 mit der authentischen Geschichte Mourir d'aimer (Aus Liebe sterben) über eine Provinzlehrerin ein, die Selbstmord begangen hatte, weil ihre Liebe zu einem Schüler in dem Ort nicht geduldet wurde. Seinen Film über die Korruption Il n'y a jamais de fumes sans feu (Kein Rauch ohne Feuer) mußte er 1972 mit eigenen Mitteln finanzieren.

Hans-Hermann Nikolei (dpa)

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