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Bremer Parlament verbarrikadierte sich

Debatte über Universitätsstreik unter Ausschluß der Öffentlichkeit / StudentInnen wurde der Zugang verwehrt / JournalistInnen wurden erst kurz vor Ende der Debatte zugelassen  ■  Aus Bremen Klaus Schloesser

Hinter verschlossenen Türen beriet gestern die Bremische Bürgerschaft über Forderungen und Aktionsformen der seit vier Wochen streikenden StudentInnen. Kurz nach Beginn der Debatte hatte der Bremer Parlamentspräsident Klink Polizei und Hausordnern Anweisung gegeben, die demonstrierenden StudentInnen auf keinen Fall in das Bürgerschaftsgebäude zu lassen. Der Wunsch der Abgeordneten, unbehelligt von Protesten über die studentischen Probleme debattieren zu können, galt Klink dabei offensichtlich mehr als das Grundrecht der Pressefreiheit.

Gemeinsam mit sechzig bis siebzig StudentInnen standen auch die JournalistInnen der 'Frankfurter Rundschau‘, der taz und von 'dpa‘ vor den verbarrikadieren Parlamentstoren. Unbehelligt hatten sie die studentische Menschentraube bis in deren vorderste Reihen passieren können. Dann war Schluß: Versuche der Pressevertreter, sich mit Presseausweisen Zugang zu verschaffen, ernteten lediglich hilfloses bis amüsiertes Achselzucken jenseits der Barriakden. Nach kurzen Gastspielen an den Eingangstoren kehrten Abgeordnete aller Fraktionen in den Plenarssaal zurück und setzten die Debatte vor halbleeren Zuschauerrängen seelenruhig fort.

Zu den Ausgesperrten gehörte auch der Chef der Bremer Senatskanzlei, Hans-Helmut Euler. Nach mehreren ergebnislosen Versuchen, sich durch Hinter- und Nebeneingänge Zutritt zu verschaffen, kehrte Euler schließlich resigniert an seinen Schreibtisch im gegenüberliegenden Rathaus zurück. Erst 70 Minuten später reagierte Parlamentspräsident Klink auf die entschiedenen Proteste der JournalistInnen gegen die Behinderung ihrer Arbeit und erteilte Anweisung, Pressevertreter einzulassen.

Als die Berichterstatter den Plenarsaal erreichten, konnten sie gerade noch notieren, daß der Bremer Bildungssenator die Bremer Strategie des Dialogs mit den streikenden Studierenden und den eigenen Verzicht auf den Einsatz „staatlicher Autorität“ lobte. Die StudentInnen hörten davon allerdings nichts. Sie mußten draußen bleiben.

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