: Adornos Zunge
Er saß in dem geheizten Zimmer
Adorno mit der schönen Zunge
und spielte mit der schönen Zunge.
Da kamen Metzger über Treppen,
die stiegen regelmäßig Treppen,
und immer näher kamen Metzger.
Es nahm Adorno seinen runden
geputzten runden Taschenspiegel
und spiegelte die schöne Zunge.
Die Metzger aber klopften nicht.
Sie öffneten mit ihren Messern
Adornos Tür und klopften nicht.
Grad war Adorno ganz alleine,
mit seiner Zunge ganz alleine;
es lauerte auf's Wort, Papier.
Als Metzger über Treppenstufen
das Haus verließen, trugen sie
die schöne Zunge in ihr Haus.
Viel später, als Adornos Zunge
verschnitten, kam belegte Zunge,
verlangte nach der schönen Zunge,
zu spät.
Günter Grass
Günter Grass: „Die Gedichte“, Sammlung Luchterhand, 1988, 432 Seiten, 19,80 DM
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