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Kewenig vom Presserat abgewiesen

Berlin (taz) - Wilhelm Kewenig beendet seine Karriere als Berliner Innensenator mit einer Bauchlandung. „Am Tatort muß die Pressefreiheit schon einmal zurückstehen“, hatte er getönt, als die Presse im letzten September von wiederholten Polizeiübergriffen auf die Presse anläßlich der Tagungen von IWF und Weltbank berichtete. Als sich die Presse deshalb auf den gelernten Verfassungsrechtler einschoß, konterte Kewenig mit einer Klage beim Deutschen Presserat: Seine Äußerungen über die Pressefreiheit seien „vorsätzlich entstellt“ worden. Und den Chefredakteuren der Presseagenturen 'ap‘, 'dpa‘ und 'Reuter‘ sollte ins Stammbuch geschrieben werden, sie hätten wahrheitswidrig behauptet, es habe „ein abgestimmtes, von der Einsatzleitung gebilligtes Vorgehen der beteiligten Beamten gegeben“.

Der Beschwerdeausschuß des Deutschen Presserates mochte am Mittwoch den Vorwürfen des noch amtierenden Senators nicht folgen. Keine der beanstandeten Formulierungen verstoße gegen den Pressekodex, urteilte das Selbstkontrollorgan der bundesdeutschen Presse. Die Presse müsse vor der Polizei und nicht die Polizei vor der Presse - geschützt werden. In ihrem Beschluß verwahrten sich die Mitglieder des Beschwerdeausschusses ausdrücklich „gegen die in Berlin angewandten Methoden der Polizei“. Auch die Berliner Beamten seien verpflichtet, die 1983 vereinbarten „Verhaltensgrundsätze zwischen Presse und Polizei“ zu beachten. Der Presserat billigte auch den Begriff „Polizeikessel“ für die Vorgehensweise der Westberliner Ordnungskräfte. Und wer deren Verhalten damals mit den Worten „SA-Manieren“ beschrieben hatte, bewegt sich nach Meinung des Presserates durchaus im rechtlichen Rahmen der freien Meinungsäußerung. Am Tatort muß der Senator manchmal baden gehen.

wg

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