: Sonnenschein vor dem Verwaltungsgericht
■ Jahrelanger Rechtsstreit zwischen Batteriefabrik "Sonnenschein" und Umweltbehörde beendet / Letzter Streit über Umweltschutzanlage einvernehmlich beigelegt / Umweltbehörde stolz...
Mit einer fast gütlich zu nennenden Einigung ging gestern vor der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts einer der größten Umweltskandale der Berliner Nachkriegszeit zu Ende. Kontrahenten waren die in den Jahren 1985/86 als Marienfelder Bleischleuder in die Annalen eingegangene Batteriefabrik „Sonnenschein“ und die Behörde des Senators für Stadtentwicklung für Umweltschutz. Streitgegenstand war der von der Umweltbehörde am 20. November 1986 erlassene Genehmigungsbescheid mit 67 Umweltschutzauflagen für „Sonnenschein“. Unter dem Damoklesschwert der drohenden Betriebstillegung waren die Auflagen von der Accumulatorenfabrik zwar weitestgehend erfüllt worden, sie hatte aber gleichzeitig Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben. Nachdem der Prozeß mehrmals verschoben worden war, waren von den insgesamt 67 Umweltschutzauflagen nur noch ganze elf zwischen „Sonnenschein“ und der Genehmigungsbehörde streitig. Die elf Bestimmungenn wurden gestern teils modifiziert, teils akzeptiert, so daß der Rechtsstreit nach halbtägiger Verhandlung beigelegt werden konnte.
In Anbetracht dessen, daß „Sonnenschein“ unter dem Druck der Betriebsstillegung den Betrieb mit Filtersystemen, Schleusen und Absauganlagen komplett saniert hatte, wurde gestern über vergleichsweise unbedeutende Punkte verhandelt: Ob die Bleibarren auf mit Plastik umhüllten Paletten im Außenbereich lagern dürften, ob neben der Filteranlage eine Wartungsanleitung in türkischer Sprache angebracht werden müsse, ob über die Reinigungsarbeiten weiterhin täglich Buch zu führen sei. Wesentlich bedeutsamer war da schon die Frage, ob die Emmissionsmessungen jedes Jahr einmal oder alle drei Jahre erfolgen müssen. Man einigte sich auf eine weitere Messung 1989 und danach alle drei Jahre. Noch interssanter wurde es, als „Sonnenschein beantragte die Messungen aus Kostengründen in Zukunft in Eigenregie durchzuführen zu wollen. Aber da zumindest war die Umweltbehörde nicht kompromißbereit. Jene feierte das Prozeßergebnis gestern in einer Presseerklärung: Die Umweltbehörde habe sich mit ihren strengen Auflagen gegen „Sonnenschein“ durchgesetzt, frohlockte der Pressereferent.
Rechtsanwalt Reiner Geulen, der die bleigeschädigten Anwohner all die Jahre treu vertrat und der ein Lied über die Schlampereien der Umweltbehörde zu singen weiß, bezeichnte die gestrige Verhandlung „mit Verlaub als Hühnerkram“. Geulen vermutete, daß „Sonnenschein“ mit seiner Klage beabsichtigte, die Auflagen wegzubekommen, um sie danach als freiwillig eingerichetet anzugeben: „Denn Anlagen, die nicht zwingend vorgeschrieben sind, werden von der Umweltbehörde bis zu 80 Prozent finanziert.“
Die 13. Kammer hatte gestern auch noch bezüglich einer weiteren Klage von „Sonnenschein“ zu entschieden, von der sich die derzeit vor dem Amtgericht angeklagten Geschäftsführer des Unternehmens, Michalski und Beckhaus, einen Vorteil erhofften. Der Prozeß gegen sie, wegen illegalen Betriebs einer Bleischmelzanlage, war im Mai vergangenen Jahres mit Verweiß auf die - einen Tag zuvor beim Verwaltunggericht eingereichte Klage begründet worden. Doch der Klageantrag, die von „Sonnenschein“ betriebene Anlage mit 19 Schmelzöfen bedürfe keiner Betriebsgenehmigung nach dem Bundesemissionsschutzgesetz, bedürfe, lautete der Klagenantrag. Die Klage wurde gestern vom der 13. Kammer mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen: die Beteiligten des Strafverfahrens seien nicht identisch mit den Klägern des Verwaltunggerichtsverfahren. Geulen glaubte, daß mit der Klage eine Fortführung des Strafverfahrens verhindert werden sollte.
plu
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