: Bio-Logisch?
Der Strahlenkompaß ist tot, es lebe die radioaktive Belastung in den Lebensmitteln. Wir werden auch in Zukunft darüber berichten, haben aber den Strahlenkompaß in Verbraucherkompaß umbenannt, um der Tatsache Rechnung zu tragen, daß wir verstärkt auch über andere Belastungen in den Nahrungsmitteln berichten bzw. auch über solche schreiben, die mit dem Attribut „bio-dynamisch“ angegboten werden.
Um den Verbraucher vor dem Kauf von Pseudo-Bios zu schützen, stellen wir die Anbauverbände vor, in Kurzfassung natürlich. Neben den bereits dargestellten „Demeter“ und „Bioland“ gehört auch der „Biokreis Ostbayern e.V.“ dazu. Er wurde 1979 gegründet. Unabhängig von der Bewirtschaftungsweise, ob bio-dynamisch oder -organisch, wird beim „Biokreis“ versucht, auch den Verbraucher mit einzubeziehen. Heute hat der Verband 800 Mitglieder, wovon rund 50 Bauern sind. Die Einhaltung der Anbaurichtlinien wird von einer Prüfkomission, die jährlich die Höfe besucht, kontrolliert.
Noch jünger ist „Naturland für naturgemäßen Landbau e.V.“. Er wurde 1982/83 gegründet. Seine Bauern sind keiner bestimmten Anbaumethode verpflichtet, aber den allgemeinen Rahmenrichtlinien der Anbauverbände unterworfen. Das Vermarktungskonzept von „Naturland“ sieht die Belieferung des konventionellen Lebensmittelhandels vor, hat aber auch im Großraum München einige Erzeuger -Verbrauchergemeinschaften geschaffen und damit für den Absatz von Biomilch und Fleisch gesorgt, die in einigen Regionen bis zu 80 Prozent zur konventionellen Ware gekippt werden. Kontrolliert werden die Höfe jährlich durch den Verbandskontrolleur.
Das Schlußlicht ist die etwas problematische „ANOG“, die „Arbeitsgemeinschaft für naturnahen Obst-, Gemüse- und Feldfruchtanbau“. Der sensibilisierte Leser wird über das Wort „naturnah“ stolpern. Auf die Frage „Wie nah?“ erklärt „ANOG“: „Die Anbauweise ist so gesund wie möglich, so giftig wie nötig.“ Diese schillernde Antwort zeigt, vor welch großen Problemen Spezialkulturbetriebe wie die der Obstbauern stehen. 1962 wurde „ANOG“ von dem Obstbauern Leo Fürst für Obstbauern gegründet. Einige Betriebe produzieren in Österreich und Südfrankreich. Seit 1972 gehören auch Ackerbaubetriebe im In- und Ausland dazu. 1984 stellte „ANOG“ zusammen mit den vier anderen Organisationen (Demeter, Bioland, Biokreis Ostbayern, Naturland) die deutschen Rahmenrichtlinien für den ökologischen Landbau vor, nahm aber den Obstbau davon aus. Das wurde von den anderen Verbänden auf Dauer nicht toleriert und führte dazu, daß „ANOG“ sein Stimmrecht in der Richtlinienkommission verlor.
Seit März 1987 hat „ANOG“ neue Erzeugerrichtlinien verabschiedet, die chemisch-synthetische Spritzmittel verbieten, aber für den Obstanbau Ausnahmen zulassen, da gegen eines der schwierigsten Probleme des biologischen Landbaus, die Pilzkrankheit „Schorf“, bisher kein Mittel gefunden wurde. Solche Ausnahmen gab es auch bei Demeter. Im Sommer 1986 wurde mit „Baycor“ gespritztes Obst unter dem das Gegenteil suggerierenden Kürzel „Biodynat“ (biologisch, dynamisch, natürlich) und dem Zusatz “... mit vertraglich geregelter Ausnahme im Pflanzenschutz“ vertrieben.
„ANOG„-Erzeugnisse werden entsprechend ihrer Behandlung gekennzeichnet. Ungespritzte Ware bekommt das Etikett „kontrolliert-biologisch“, behandelte „kontrolliert -naturnah“. Beide bekommen das „ANOG„-Qualitätszeichen, allerdings in unterschiedlichen Farben. Falls sich diese Handhabung als wenig verwechslungssicher zeigt, wird „ANOG“ vom Bundesverband Naturkost e.V. (Händlerverband) aus der Liste gestrichen.
Quelle: 'Naturkost‘ Info Nr.3
Informationsschrift des Bundesverbandes Naturkost e.V.
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