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Berlin: Rot-Grüne Schnupperphase

SPD und Alternative Liste treffen sich zu ersten Sondierungsgesprächen / Auftakt steif und friedlich  ■ Aus Berlin Brigitte Fehrle

Ein bißchen steif ging es noch zu gestern am späten Nachmittag, als sich im Berliner Rathaus Schöneberg erstmals Sozialdemokraten und Alternative gegenübersaßen. Zum ersten Male berieten die Grünen und die Roten über eine mögliche rot-grüne Zusammenarbeit in der Stadt. „Fangen Sie ruhig an“, generös gab die Sprecherin der AL, Birgit Arkenstette, das Wort an SPD-Chef Walter Momper. Die Stadt habe den Wechsel in der Politik gewählt, sagte der und konstatierte einen „Linksruck“. Dann betonte Momper ausdrücklich und ausführlich die Gemeinsamkeiten in den Zielsetzungen der beiden Parteien: Bekämpfung der Wohnungsnot, der Arbeitslosigkeit und die Kritik an der Gesundheitsreform. Ein rot-grünes Bündnis aber könne nicht nur aus gemeinsamen Zielen bestehen, es müsse auch in der Bevölkerung verstanden und akzeptiert werden.

Momper verlangte „Verläßlichkeit und Berechenbarkeit“ von der AL. Mit „großem Ernst“ kam er dann noch einmal auf seine bereits mehrfach aufgestellten Essentials, die Übernahme der Bundesgesetze, die Präsenz der Alliierten und das Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit zu sprechen. Das seien keine zufälligen Bedingungen, sagte er. Sie entsprächen seiner und der Sozialdemokratie „tiefer Überzeugung“. Die Gespräche mit der CDU führe er, obwohl eine große Koalition „nicht sein Wunschtraum“ sei.

Rot-Grün habe dann eine Chanche, sagte Harald Wolf für die Alternative Liste, wenn für die Bürger eine Wende in der Politik deutlich erkennbar sei. Deshalb müßten „Signale“ gesetzt werden.

Darunter versteht die AL das kommunale Wahlrecht für Ausländer, eine andere Mieten- und Arbeitsmarktpolitik. Rot –Grün brauche aber auch den gegenseitigen Respekt vor der Unterschiedlichkeit der Parteien. Nur wenn man nicht versuche, sich „über den Tisch zu ziehen“, könnte dieser Spannungspunkt konstruktiv sein. Er wolle keine Machtspiele und Erpressungsversuche. Wolf zu den von Momper genannte Essentials: „nicht für einen guten Auftakt“. Vor allem weil gerade in diesen Fragen die AL häufig falsch zitiert worden sei. „Konfliktfähigkeit“ und „Offensivkraft“ seien nötig, um die sicher bevorstehenden Kampagne von rechts gegen ein rot-grünes Bündnis auszuhalten.

Eine Stunde hatten sich die beiden Parteien im Lichte der Öffentlichkeit ausgetauscht. Bei den weiteren Beratungen wurden Presse und BesucherInnen dann ausgeschlossen. Nur 20 AL-Mitlgieder ohne Rederecht sollten die, von der Partei geforderte Öffentlichkeit mimen.

Am Vorabdned hatte SPD-Chef Momper nach den ersten Gesprächen mit der CDU erklärt: „Klar ist, daß sowohl innerhalb der SPD als auch in der Bevölkerung eine mehrheitliche Stimmung in Richtung rot-grün geht“. Während die SPD ihre Punkte für die Verhandlungen vorgelegte, ging die AL gestern mit einem Papier in die Verhandlungen, das aus der Zeit vor den Wahlen stammte und als „Arbeitsprogramm für den Start in die neue Legislaturperiode“ bezeichnet war. In einer langen Debatte am Mittwoch abend hatte der AL-Delegiertenrat die neunköpfige Verhandlungskommission benannt: die Fraktion soll durch Bernd Köppl, Hilde Schramm und Renate Künast vertreten werden, der „Geschäftsführende Ausschuß“ durch Christian Ströbele, Harald Wolf und Birgit Arkenstette. Dazu kommen drei VertreterInnen des Delegiertenrates: Benny Guttmann, Angelika Hirschmüller und Renate Giese.

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