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Der geplatzte Transfer

Lehrstück über Arbeitsplatzwechsel in der Bundesliga  ■  PRESS-SCHLAG

Dem Mittelfeldspieler Thomas von Heesen gefällt es nicht mehr beim Hamburger SV. Das pfeifen die Spatzen an der Alster schon seit längerem vom Dach. Was liegt also näher als ein Wechsel in andere, behaglichere Gefilde, nach Frankfurt zum Beispiel, wo die dort ansässige Eintracht einen hohen Bedarf an befähigten Fußballern und außerdem Geld hat. Letzteres stammt weitgehend vom griechischen Millionenbetrüger Kostokas, der damit den Ungarn Lajos Detari vom Main nach Piräus holte, und hat den Frankfurtern bislang wenig Glück gebracht. Ihre Spielerkäufe standen unter einem unglücklichen Stern, sieht man einmal vom aus Nürnberg gekommenen Eckstein ab, dem es beim Hallen-Masters tatsächlich gelang, mehrmals ins Tor zu treffen. In der Bundesliga sieht es in dieser Hinsicht bekanntlich düster aus. Ganze acht Tore hat das Team in der gesamten Vorrunde erzielt, Besserung war kaum in Sicht, da kompetente Stürmer wie etwa Rudi Völler es ablehnten, den Frankfurtern trefflichen Beistand zu leisten.

Thomas von Heesen aber, angestachelt von seinem Berater Holger Klemme, war bereit zu dem Abenteuer. Nur leider zu spät. Der DFB führt nämlich eine Transferliste, und die wurde am 31. Januar um 15 Uhr geschlossen. Da war sich von Heesen zwar längst mit den Frankfurtern einig, nicht aber sein Verein, der HSV. Vier Millionen wollte dessen Manager Ribbeck für seinen Kapitän haben - eine Summe, die offensichtlich selbst den an Umgang mit viel Geld gewöhnten Devisenmakler und Eintracht-Präsidenten Ohms ins Grübeln brachte.

Als kein rechtsverbindliches Angebot aus Frankfurt eintraf, setzten die Hamburger von Heesen kurzerhand nicht auf die Transferliste. Diese wurde geschlossen, und eine rege Reisetätigkeit setzte ein. Zuerst entfleuchte von Heesen aus dem HSV-Trainingslager in El Salvador und flog nach Frankfurt, wobei er sich auch durch mehrere telefonische Rückrufversuche, unter anderem beim Zwischenstopp in Miami, nicht aufhalten ließ. Eintracht-Präsident Ohms hatte es nicht ganz so weit. Er kam aus Portugal herbei, wo die Eintracht trainiert. In Frankfurt fand dann am 2.Februar ein Gespräch mit von Heesen, Ohms und DFB-Liga-Sekretär Straub statt, das die letzten Transferträume jäh zerplatzen ließ. Kein Eintrag in die Liste, kein Wechsel - lautete das strenge Verdikt des DFB.

Reumütig kehrte Thomas von Heesen nunmehr nach Hamburg zurück, wo Präsident Naumann und Manager Ribbeck den vorübergehend verlorenen Sohn versöhnlich aufnahmen. „Thomas von Heesen hatte den HSV verlassen und glaubte, den eingeschlagenen Weg gehen zu müssen“, erklärte Naumann salbungsvoll und fuhr fort: „Ich ließ ihn nach Frankfurt, weil sich dort aufklären mußte, daß er in die Irre geführt worden ist.“ Wer in seinen Augen der schändliche Verführer war, daran ließ der HSV-Chef keinen Zweifel: Spielervermittler Holger Klemme, der Mephistopheles des deutschen Fußballs.

Von Heesen selbst bezeichnete Meldungen, daß er nie mehr für den HSV spielen wollte, bündig als „Quatsch“, während Ribbeck der ganzen Sache nicht ohne Zynismus Positives abgewann: „Er soll sich angeblich in Hamburg schon lange nicht mehr wohlfühlen. Trotzdem hat er in der ersten Halbserie so stark gespielt wie noch nie. Wenn sich dieses Nicht-mehr-Wohlfühlen so auswirkt, kann es ruhig so bleiben.“

In Hamburg herrscht also wieder eitel Harmonie. Die Dummen sind einmal mehr die Frankfurter. Sie wissen immer noch nicht, wohin mit ihrem Geld.

Matti

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