: Eine Zäsur?
■ Linke in den Grünen suchen neue Wege
Trampert kandidiert nicht mehr als Sprecher für die Grünen. Auch engagierte Feministinnen wie Regina Michalik ziehen sich resigniert zurück. Und Jutta Ditfurths Amtszeit ist vorbei. Alles zusammen markiert eine Zäsur: Zum erstenmal sagt einer der Exponenten linksgrüner Politik laut und deutlich: Diese Partei ist zu staatstragend geworden. Nach zehn Jahren Grüne eine ernstzunehmende Bilanz. Die Exponenten eines linksradikalen Politikverständnisses verlassen das grüne Schiff. Noch ist unklar, ob daraus ein Sog entsteht.
Linke Politik in den Grünen bewegte sich immer zwischen Integration und Systemopposition. Sind die Grünen heute nur noch ein Faktor der Integration in diesen Staat? Die Frage ist berechtigt - aber auch die „Hamburger“ haben sie nicht abschließend beantwortet. Tramperts Rede setzte einerseits das Signal: Raus aus den Grünen. Und gleichzeitig auch wieder nicht, da andere doch kandidieren sollten. Ihr Dilemma ist, daß sie nur Schlagworte als Perspektive außerhalb der Grünen angeben konnten.
Also das Ende linker Politik bei den Grünen? Diejenigen, die sich „Undogmatische“ nennen, hoffen nun, daß linke Politik in den Grünen an Attraktivität gewinnen könnte, wenn die „Hamburger“ das Profil nicht mehr dominieren. Und die Berliner Verhältnisse sehen sie auch als Chance, Rot-Grün von links zu probieren, jenseits der Fehler der Hamburger Tolerierungslinie und anders als die Hessen-Realos, die ja selbst die Niederlage noch als Erfolg verkauft haben. Ob das gelingt, bleibt abzuwarten - gerade die linke AL ist ja voller Koalitionsbesoffenheit, mit der die Wirklichkeit in vier Wochen wohl wenig zu tun hat. Während die „Undogmatischen“ die Spielräume linker Politik in den Grünen etwas voluntaristisch überschätzen, haben sich die „Hamburger“ zu schnell als Opfer objektiver Trends zurückgezogen.
Ursel Sieber
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen