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Grüne verbauen Internationalismusgeld

Grüne haben Internationalismus-Fonds in Haus Wittgenstein verbaut / 230.000 Mark Zinsen aus Wahlkampfgeldern sollten an Solidaritätsfonds weiterfließen / Mittel müssen von Partei aufgebracht werden  ■  Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die Grünen in Bonn haben EG-Wahlkampfgelder in Höhe von 5,5 Millionen DM aus dem Jahr 1984, deren Zinserträge dem Internationalismus-Fonds zugute kommen sollten, in „Haus Wittgenstein“ investiert. Jetzt sind sie wegen des Umbaus des parteieigenen Gebäudes nicht mehr in der Lage, den Fonds zu finanzieren. Weil aber die Solidaritätsbewegung nicht für den parteieigenen Bauskandal büßen soll, fordert der Schatzmeister die Partei jetzt auf, die jährlich gezahlten Zinserträge von 230.000 DM aus allgemeinen Parteimitteln zu finanzieren. Ein entsprechender Antrag für die grüne Bundesversammlung im März geht den Delegierten in diesen Tagen zu. Eine gleichlautende Grundsatzentscheidung hatte der Bundesfinanzrat auf seiner Sitzung am 22.1.89 per Mehrheitsbeschluß getroffen. Dort sei auch, so schreibt der kommissarische Bundesschatzmeister Axel Vogel in der Antragsbegründung, „zu Recht konstatiert (worden), daß die WKKE-Rücklage (gemeint ist die Wahlkampfkostenrückerstattung aus der Europawahl 1984 in Höhe von etwa 5,5 Millionen DM, d.R.) des Solifonds sich in Haus Wittgenstein materialisiert hat“. Weil aber diese „materialisierte“ Anlage keinerlei Verzinsung, sondern im Gegenteil einen dauerhaften Zuschußbedarf erwarten läßt, muß jetzt die Partei mit eigenen Mitteln einspringen.

In der Antragsbegründung des Schatzmeisters liest sich das so: „Da das Vermögen, das dieses Geld bisher erwirtschaftete, jedoch inzwischen in Haus Wittgenstein festliegt, ist dies gleichbedeutend mit einem dem Haus Wittgenstein anzulastenden entgangenen Zinsverlverlust in gleicher Höhe.“ Insgesamt kostet das Wittgestein-Abenteuer die Partei 1989 die stolze Summe von 776.000 DM einschließlich des Zinsverlustes in Höhe von 230.000 DM.

Inzwischen hat der Bundesvorstand eine Unternehmensberatungsgesellschaft damit beauftragt, die Rentabilität des Hauses zu überprüfen. Weil man davon ausgeht, daß selbst bei einer optimalen Auslastung des Hauses als Tagungsbetrieb ein dauerhafter Zuschußbedarf von 350.000 DM per Anno entstehen wird, will der Bundesfinanzrat jetzt prüfen lassen, ob nicht die Verlegung der Bundesgeschäftsstelle nach Wittgestein eine Alternative sein könnte. Die Grünen aus Baden-Württemberg favorisieren dagegen den sofortigen Verkauf des Hauses, dessen Umbau nun schon 4,465 Millionen DM verschlungen hat. Wesentlich mehr als drei Millionen DM ließen sich bei einem Verkauf nach allgemeiner Einschätzung derzeit aber kaum erzielen.

Abgelehnt hat der Bundesfinanzrat einen Antrag aus Baden -Württemberg, in dem die Bundespartei aufgefordert wurde, den Landesverbänden entsprechend dem parteiinternen Verteilungsschlüssel 80 Prozent der EG-Wahlkampfgelder auszuzahlen. Dazu hätten andere Vermögensteile liquidiert werden müssen. Dann hätte es, so Bundesgeschäftsführer Eberhard Walde, mittelfristig an allen Ecken und Enden gefehlt.

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