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Harald Juhnke: Otto Schily soll Kultursenator werden

■ Der Berliner Entertainer und Schauspieler hat keine Schwierigkeiten mit Rot-Grün / Er sieht keinen Grund zur Panik

taz: Sie haben sich vor der Wahl öffentlich für Diepgen als Regierenden Bürgermeister eingesetzt. Berlin wollte ihn aber trotzdem nicht. Hat sie das als Alt-Berliner nicht sehr überrascht, wie Berlin gewählt hat?

Harald Juhnke: Naja, ich hatte ja vor der Wahl bemängelt, daß Momper überhaupt keine Aussage zur AL gemacht hat. Scheinbar hat er sich jetzt doch eines anderen besonnen und macht das mit denen. Ich dachte aber wirklich, daß Diepgen die meisten Chancen hat, da hab‘ ich mich wohl getäuscht. Vielleicht hab ich mich nur in den Kreisen rumgehört, die den Diepgen wollten und andere Kreise nicht gesprochen. Von daher war ich der Meinung, der wird das nochmal machen, das Rennen. Den Bonus, den er persönlich hatte, den hatte die CDU offenbar nicht. Aber ich bin deswegen jetzt nicht verzweifelt.

Es wird allenthalben über Rot-Grün geredet. Die einen sind ganz euphorisch, die anderen packen schon die Koffer zumindest tun die so. Ihre Meinung dazu?

Also ich finde, daß deshalb niemand die Koffer packen muß. Daß muß man abwarten. Jede Unkerei im Vorfeld finde ich idiotisch, nich wahr. Man weiß ja nu nich, was wird, aber es sieht ja so aus, daß der Momper das mit den Grünen macht. Da muß man abwarten, wie das geht. Da hat gar keiner das Recht, jetzt was Negatives zu erwarten. Wir müssen sehen, was gut ist für die Stadt. Also, ich seh da überhaupt keine Schwierigkeit.

Ihre Meinung zum Einzug der Republikaner?

Darüber bin ich bestürzt, da fehlen mir fast die Worte. Ich hätte nie gedacht, daß so viele Menschen in der Stadt so eine Partei wählen. Ich glaube aber nicht, daß man die jetzt alle abtun kann, daß die alle wirklich diese Partei wollten. Ich kann nur hoffen, daß die Hälfte von denen Protestwähler waren.

Wie soll man sich denn jetzt mit den Republikanern auseinandersetzen? Soll man die verbieten? Was muß ihrer Ansicht nach passieren?

Verbieten find ich Quatsch. Wenn man die jetzt verbietet, gibt's nur Demonstrationen. Ich glaube ja, das viele Leute über dieses Resultat so erschrocken sind, daß die bei der nächsten Wahl wieder unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen.

Es wird ja in jedem Fall einen neuen Senat geben, ob bei einer großen Koaltion oder einem rot-grünen Bündnis. Wen wünscht sich der Schauspieler Harald Juhnke denn als Kultursenator?

Ich habe keine Ahnung, wen die SPD da aufstellt ...

Wen würden sie sich denn wünschen - man kann sich ja einfach mal was vorstellen.

Wenn ich von den Grünen reden kann - jemand den ich kenne und den ich schätze, ist Otto Schily. Ich hätte nichts dagegen, wenn der Kultursenator würde.

Was müßte sich denn in einer zukünftigen Kulturpolitik ändern?

Naja, da bin ich eigentlich ganz zufrieden. Was mein Engagement am Renaissance-Theater angeht, ist ja alles gut gelaufen. Was jetzt kommen muß, wäre, daß die Schaubühne wieder ins Lot kommt, die ja ein bißchen schlingerte, und vor allem daß die drei Staatstheater mal zur Ruhe kommen. Mit dem Kirchner bin ich sehr zufrieden, obwohl mir Peymann lieber gewesen wäre. Aber der wird natürlich einen Teufel tun und aus Wien verschwinden. Der hat sich da ja durchgesetzt, trotz schwerster Krawalle.

Die CDU hat in Berlin in den letzten Jahren ja das sogenannte „Metropolenkonzept“ gefahren. B 750, E 88, da wurde sehr viel rangeholt. Da fragt man sich natürlich, ob das wirklich Berlin ist?

Die Frage ist ja jetzt: Kann man den Anspruch, den man da aussendet, überhaupt halten? Das kulturelle Angebot sollte ja nicht nur zur 750-Jahr-Feier vom Feinsten sein, das sollte alle Jahre so sein.

Es gibt in Berlin wie in kaum einer anderen Stadt eine sehr große unabhängige Kulturszene. Sollte die Ihrer Meinung nach mehr staatliches Geld bekommen oder sollte die sich erstmal bewähren?

Naja, bewähren find ich immer ganz gut. Aber Gruppen, die schon ein bißchen was gezeigt haben, die aus'm Experiment raus sind, die sollten dann auch schon mal'n paar zwei Mark fuffzig vom Senat kriegen. Vielleicht sollte man das oben ein bißchen abknapsen, bei der Oper oder so. Ich weiß noch, wie ich angefangen hab, da kriegten wir ja ooch keen Jeld. Gerade mal das Fahrgeld und ne warme Wurst nach der Vorstellung. Ich lese ja immer die Kritiken über die Kreuzberger Gruppen - selber war ich noch nich da - die scheinen ja ganz ordentliche Sachen zu machen. Und wenn die sich jetzt schon über ein Jahr oder noch länger halten, dann sollte man die auch unterstützen.

Das Theater „Rote Grütze“ ist gerade aus den Förderplänen des Senats rausgefallen und soll ab '89 kein Geld mehr bekommen. Wie finden sie das?

Na, daß ist ja schon fast hinfällig. Das soll der Schily mal schnell wieder anders machen, wenn er Kultursenator wird.

Interview: CC. Malzahn

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