Freispruch zum Geburtstag

■ Der Todessprung einer jungen Amerikanerin bleibt unaufgeklärt Dem beschuldigten Rentner konnte keine Straftat nachgewiesen werden

Die Hintergründe des Todes der 20jährigen Amerikanerin Debra Kroeger, die am 2. August '88 aus dem im dritten Stock gelegenen Wohnzimmerfenster des Rentners Walter Z. gesprungen war, werden wohl für immer im dunkeln bleiben. Die 29. Strafkammer des Landgerichts, vor der sich Walter Z., wie berichtet, wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge verantworten mußte, sprach den Angeklagten an seinem gestrigen 65. Geburtstag frei. „Was im einzelnen in der Wohnung geschehen ist, konnte nicht eindeutig geklärt werden“, sagte der Vorsitzende Richter Heinze in der Urteilsbegründung. „Es steht aber fest, daß der Angeklagte irgendetwas unternommen hat, was Debra in Panik versetzte und veranlaßte, aus dem Fenster zu springen.“ Für die sechsmonatige U-Haft wurde Z. eine Entschädigung zugesprochen.

Die dreitägige Verhandlung ergab folgende Feststellung des Gerichts: Debra Kroeger hatte sich im Rahmen einer Studienreise in Berlin aufgehalten und war in der Nacht des 1. August zum ersten Mal in ihrem Leben mit ihrer 22jährigen deutschen Cousine zusammengetroffen. Nach einem Zug durch die Kneipen, bei dem viel Alkohol getrunken wurde, war Debra morgens um drei plötzlich verschwunden. Nach kurzer Suche hatten sich die Cousine und zwei weitere Begleiter damit getröstet, daß Debra schon nach Hause gefahren sei.

Tatsächlich, so Richter Heinze, muß Debra schlecht geworden sein. Das Mädchen schlief an einer Hauswand in der Oranienstraße ein, wo sie von Walter Z. gefunden wurde. Für Z., „im Kreuzberger Milieu zu Hause, war es nichts Ungewöhnliches, Leute auf der Straße schlafen zu sehen“. Auf sein Angebot hin, sich bei ihm auszuschlafen, ging Debra freiwillig in die Schlesische Straße 25 mit. „Es gibt nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, daß Gewalt angewendet wurde“, sagte Heinze.

Nach Auffassung des Gerichts schlief Debra in Z.s Wohnung zunächst weiter. Beim Erwachen realisierte sie den „alten Mann und die verwahrloste Wohnung“, bekam einen Schreck und wollte weg. Der alte Mann, der „noch sexuell interessiert“ war, entkleidete sich daraufhin in einem Nebenraum bis auf seine organgefarbene Damenreizwäsche. In diesem Aufzug, „die Geschlechtsteile hingen heraus“, trat er Debra entgegen. Das Mädchen glaubte, „einem Verrückten gegenüberzustehen“, und sprang aus dem Fenster, weil es keine Möglichkeit sah, durch die Wohnungstür zu entkommen.

Eine Verurteilung wegen Freiheitsberaubung kam Heinze zufolge nicht in Betracht, weil „unklar blieb“, ob Debra gehindert wurde, die Wohnung zu verlassen. Auch die Todesfolge habe dem „ein bißchen zu exhibitionistischen Handlungen neigenden“ Angeklagten nicht angelastet werden können: „Er konnte nicht vorhersehen, daß Debra derartig in Panik gerät und gleich aus dem Fenster springt.“

plu