: Die Preise für eine „freundlichere, gütigere Nation“
Bush legt dem Kongreß das Budget für 1990 vor / Sein Verteidigungsminister-Kandidat Tower ist weiter in Schwierigkeiten Pentagon-Haushalt wird eingefroren, statt dessen mehr für Soziales und Umweltschutz / Demokraten versprechen Kooperation ■ Aus Washington Stefan Schaaf
Jeder Präsident der Vereinigten Staaten hat zum Beginn seiner Amtszeit eine „Honeymoon„-Periode, in der ihn die Medien und die Opposition im Kongreß schonen. Auch bei George Bush ist dies der Fall, obwohl ihm unmittelbar nach den Wahlen im November sein Wahlkampfstil vorgeworfen worden war und die Demokraten im Kongreß mit starken Worten auf ihre Stimmengewinne im Parlament pochten. Aber es dauerte nicht lange, bis sie ihre Krallen wieder einzogen und in den Lobgesang über den neuen Stil im Weißen Haus, die Offenheit der Bush-Familie und die Rückkehr zum politischen Realismus einstimmten.
Doch in der letzten Woche deutete sich an, daß die politische Hochzeitsreise der Nation mit ihrem neuen Präsidenten dem Ende zugeht. Mit Ungeduld wird registriert, daß Bushs Mannschaft die ersten Male gestolpert ist und daß sie zu vielen politisch drängenden Problemen keine Entscheidungen fällen kann, denn viele wichtige Posten in den Ministerien sind bisher unbesetzt. In anderen Fragen, zum Teil so wichtigen wie der Politik gegenüber der Sowjetunion, wurde erst eine langwierige Bestandsaufnahme angeordnet, bevor politische Initiativen ergriffen werden sollen.
Am eklatantesten zeigt sich der Leerlauf im Pentagon, da Bushs Wunschkandidat John Tower dem für die Bestätigung des Verteidigungsministers zuständigen Senatsausschuß noch zahlreiche offene Fragen zu beantworten hat. Towers angebliche Neigung zum Alkohol, seine außerehelichen Beziehungen zu Frauen und nun auch sein geschäftliches Gebaren haben bei einigen Senatoren Zweifel erweckt. Obendrein erhält das Pentagon mit rund 300 Milliarden Dollar pro Jahr den größten Betrag aus dem Bundeshaushalt. Ob Tower vom Kongreß bestätigt werden kann, ist inzwischen eine offene Frage. Jeder Tag, an dem eine Entscheidung weiter hinausgezögert wird, weckt Zweifel an Bushs Entschlossenheit.
Bush versuchte am Donnerstag abend diese Zweifel zu zerstreuen, als er mit seinem Kabinett, einschließlich Towers, im Kapitol erschien, um seinen Haushaltsentwurf vorzustellen. Das 1,16 Billionen Dollar umfassende Budget unterscheidet sich in vielen Punkten von Reagans Entwurf, den dieser kurz vor seinem Abtritt vorgelegt hatte. Bush will das Pentagon-Budget im kommenden Haushaltsjahr auf dem gegenwärtigen Stand einfrieren, statt dessen sollen verstärkt Mittel für Erziehung, für Forschung, vor allem Weltraumforschung, für Umweltschutzmaßnahmen und für den „Krieg gegen Drogen“ bereitgestellt werden. Er forderte 1,6 Milliarden Dollar für Aids-Erziehung und -Forschung. Auch Maßnahmen gegen Obdachlosigkeit, die Bush eine „nationale Schande“ nannte, sollen mit mehr Geld unterstützt werden. Bush hob hervor, daß die Möglichkeiten, neue Programme zu finanzieren, begrenzt seien, und forderte den Kongreß auf, mit ihm bei der Lösung der Probleme zusammenzuarbeiten.
Bush bekräftigte sein Wahlkampfversprechen, keine Steuern zu erhöhen, sondern einige noch zu senken, so die Kapitalertragssteuer und die Freibeträge für berufstätige und Adoptiv-Eltern. Dennoch könne der Fiskus dank der expandierenden US-Ökonomie 80 Milliarden Dollar mehr einnehmen als in diesem Haushaltsjahr, so daß das Defizit auf 91 Milliarden Dollar schrumpfen werde. Kritiker halten Bushs Erwartungen steigender Staatseinnahmen für übertrieben optimistisch und verweisen auf das laufende Haushaltsjahr: Das Defizit für 1989 wird 165 Milliarden Dollar betragen statt, wie vor einem Jahr erwartet, 129 Milliarden Dollar. Die Summen seien eher symbolisch, als daß sie einen wirklichen Unterschied bewirken könnten.
Sprecher der demokratischen Opposition im Kongreß, die selbst gerade eine peinliche Schlappe über eine unpopuläre, 50prozentige Lohnerhöhung hinnehmen mußte, versprachen in ihrer Entgegnung auf Bushs Haushaltsbotschaft Kooperation nach innen wie in der Außenpolitik.
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