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Quecksilber-Kavaliere

■ Zum Urteil im Umweltprozeß in Marktredwitz

Die hohen Geldstrafen gegen die beiden Manager der Chemischen Fabrik Marktredwitz können nicht darüber hinweg täuschen, daß schwere Umweltstraftaten nach wie vor den Stellenwert von Kavaliersdelikten genießen. Was sind schon 100.000 Mark angesichts eines Schadens von mindestens 90 Millionen? Was ist schon eine Geldstrafe angesichts mehrerer Todesfälle und einer Vielzahl von Erkrankungen, die in direktem Zusammenhang mit der Firma stehen? Nicht einmal die Tatsache, daß selbst das Innenministerium den Marktredwitzer Bürgern eine doppelt so hohe Quecksilberkonzentration im Blut wie dem Normalbürger zuschreibt, ließ das Gericht von einem „schweren Umweltdelikt“ sprechen.

Aber warum sollten Richter auch anders urteilen, als es ihnen Behörden und Ministerien vorexerzieren? Die Liste der professionellen Verharmloser ist lang. Die Chemie-Manager haben Grund, sich zu bedanken. Bei den Aufsichtsbehörden, die durch jahrelange Untätigkeit für die Verjährung von Umweltstraftatbeständen sorgten, beim Innenminsterium, das noch angesichts von vom Landratsamt ausgesprochenen Verzehrverboten für Salat monoton „keine Gefahr“ verlautbart.

Ganz oben auf der Dankesliste sollten jedoch die Arbeitsmediziner und die Berufsgenossenschaft stehen. Sie bewahrten die Manager vor einer Anklage wegen Körperverletzung oder gar fahrlässiger Tötung. Um Erwerbsunfähigkeitsrenten - sprich Geld - zu sparen, weigerten sie sich, die Quecksilbervergiftungen als Berufskrankheit zu diagnostizieren. „Das sind Verbrecher“, nennt ein betroffener Arbeiter diese Institute. Recht hat er. Doch jedes Kind weiß, daß nicht jeder Verbrecher vor Gericht kommt.

Bernd Siegler

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