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Schrecksekunde und Pisten-Knigge

■ Alpine Ski-WM in Vail: Vreni Schneider gewann Riesenslalom / Benimmkurs für Skicracks

Berlin (taz) - Zu guter Letzt hat es die Schweizerin Vreni Schneider, die im Weltcup alle der jeweils fünf bisherigen Slaloms und Riesenslaloms gewonnen hatte, doch noch geschafft, das oberste Treppchen bei den Skiweltmeisterschaften im kalten Colorado zu erklimmen. Nachdem die absolute Top-Favoritin für Kombination, Slalom und Riesenslalom in der Kombinationswertung der US -Amerikanerin Tamara McKinney und im Slalom der Jugoslawin Mateja Svet den Vortritt lassen und jedesmal mit Silber vorliebnehmen mußte, holte sich die 24jährige am Samstag überlegen die Goldmedaille im Riesenslalom vor den Französinnen Carole Merle und Christelle Guignard.

Ganz gegen ihre sonstige Gewohnheit drehte Vreni Schneider schon im ersten Lauf voll auf und fuhr eine runde halbe Sekunde Vorsprung vor Carole Merle heraus. Nachdem sie ihre

-ebenfalls ungewohnte - Nervosität zwischen den beiden Abschnitten des Rennens mit Musik aus dem Walkman erfolgreich bekämpft hatte, fegte sie im zweiten Lauf erneut wie ein Irrwisch durch die Tore, hätte sich ihren Triumph jedoch durch einen Fehler im Zieleinlauf fast noch verdorben. Diese „Schrecksekunde“ (Schneider) konnte ihr jedoch nichts mehr anhaben, am Schluß hatte sie ihren Vorsprung sogar noch auf 63 Hundertstelsekunden ausgebaut.

Während sich Carole Merle, die im Super-Riesenslalom als klare Favoritin an einem Tor vorbeigerauscht und ausgeschieden war, über ihr unerwartetes Silber königlich freute, hatten die Frauen aus der Bundesrepublik wenig zu lachen. Für Christine Meier, Michaela Gerg und Traudl Hächer war schon im ersten Lauf Endstation, nur Karin Dedler, die schon in der Abfahrt einen sensationellen dritten Platz belegt hatte, gelang wieder ein hervorragendes Resultat. Sie wurde Sechste, ein „Superergebnis“, wie sie selbst fand. Michaela Gerg dagegen tröstete sich mit ihrer Bronzemedaille im Super-G: „Gott sei Dank habe ich schon eine Medaille, sonst würde ich hier nicht mehr so lustig herumstehen.“

Ein ganz anderes Problem drückt den Internationalen Skiverband (FIS): die schamlose Zurschaustellung von Ski und Kleidung durch die Aktiven im Zielraum, bei der Altmeister Ingemar Stenmark, früher erklärter Feind jeder Werbung, diesmal den Vogel abschoß. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, seine Ski abzuschnallen, sondern ließ sich gleich ein frisches Paar reichen, um es hurtig in die Kameras zu strecken. Der FIS-Beauftragte Heinz Krecek will sich nun als eine Art Pisten-Knigge betätigen und hat die Skisportler zu einem Kursus für „besseres Benehmen im Zielraum“ geladen.

Matti

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