: Return zu Pferde
Paul Schockemöhle plant den großen Sprung ■ PRESS-SCHLAG
Was dem Boris recht ist, kann dem Oxer nur billig sein. Warum sollten die Oldenburger auf dem Parcours der Springreiter nicht das erleben, was den New Yorkern Jahr für Jahr auf dem Tennis-Court geboten wird: ein Masters-Turnier. Paul Schockemöhle jedenfalls, die graue Dominanz der Springreiterei, ist fest entschlossen, ein solches Spektakel in der Bundesrepublik auf die Hufe zu stellen. Als Partner hat er sich keinen Geringeren erwählt als Ion Tiriac, den Manager von Boris Becker, womit der Sprung über den großen Wassergraben, auch Atlantik genannt, vom Tennis zum Reiten nahtlos geglückt wäre.
Tiriac, der kürzlich sogar im winterlichen Kitzbühel beim Abfahrtslauf danach Ausschau hielt, ob auf der berüchtigten „Streif“ nicht ein wenig Kleingeld für ihn herumliege, ist einem guten Geschäft nie abgeneigt. Er biß an, und im Lauf der Woche sollen erste Vorgespräche über das geplante Husarenstück stattfinden. Die beiden größten Schlitzohren des Sportbusineß in diesem Lande haben sich gesucht und gefunden. Der gebürtige Rumäne soll nach den Wünschen Schockemöhles seine guten Kontakte zum Fernsehen in die Waagschale werfen, während er Tiriacs eigentliche Domäne, die Werbung von Sponsoren, lieber selbst übernehmen möchte.
Doch auch, wenn Tiriac wider Erwarten nicht mitmachen sollte, gedenkt der geschäftstüchtige Pferdehändler das Projekt in Angriff zu nehmen. Vor seinem geistigen Auge flimmern die Millionen, die mittlerweile auf dem durch den Tennisboom entstandenen Markt zu verdienen sind. Gleiches will er mit seinen edlen Rössern erreichen, das Glück bzw. Geld dieser Erde soll endlich wieder auf dem Rücken der Pferde zu finden sein. Mit dem „Dilettantismus“ im Springreiten will Schockemöhle jedenfalls endgültig aufräumen, ohne allerdings einer schwedischen Automobilfirma und ihrem „Weltcup“ zu nahe zu treten: „Das sind zwei ganz verschiedene Dinge.“
Spätestens im Jahre 1990, möglichst schon in diesem Herbst, soll das erste Masters-Turnier in Oldenburg, Bremen, Frankfurt oder Düsseldorf stattfinden. Schockemöhle rechnet mit Kosten von mindestens einer Million Mark, allein dem Sieger winken 100.000. Neben den Sponsoren sollen Fernsehanstalten in Europa und den USA das „lukrative Turnier für die Besten der Welt, bei dem es mehr Geld als irgendwo anders zu gewinnen gibt“, finanzieren.
Daß auch die beiden braven Veranstalter beim Coming-out des Reitsports nicht ganz leer ausgehen wollen, darf vermutet werden. Die symbiotische Verbindung von Tennis und Springreiten, Bauernschläue und Pferdeverstand, Profitstreben und Gewinnsucht, Tiriac und Schockemöhle verspricht einen geschäftlichen Zentaur von bislang ungekannten Dimensionen in die Sportwelt zu setzen. Bleibt nur noch die Frage, wer wohl den Kopf und wer den Arsch abgeben wird.
Matti
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