: Anklage ohne Beweise
■ Zweiter Tag im Prozeß gegen Ingrid Strobl: Die Angeklagte lehnt Nachfragen zu ihren Aussagen ab Verteidigung: Die Anklage beruht auf Behauptungen, für die die Beweise fehlen
Düsseldorf (taz) - Sie könne viel Entlastendes ergänzen. Aber das habe aufgrund der Vorurteile beim Vorsitzenden Richter Arend „keinen Sinn“. Damit lehnte die vor dem OLG Düsseldorf angeklagte Ingrid Strobl Nachfragen zu ihren Aussagen ab. Seit Dienstag muß sie sich dort verantworten, weil sie - laut Anklage - als Mitglied der „Revolutionären Zellen“ (RZ) einen Wecker für einen Sprengstoffanschlag gekauft haben soll. Nach ihren schriftlichen Äußerungen im August 1988, hatte Richter Arend es abgelehnt, sie bei einem Haftprüfungstermin anzuhören.
Für die promovierte Journalistin und ihre beiden AnwältInnen ist die Anklage „abenteuerlich“. Sie beruhe allein auf Behauptungen der Bundesanwaltschaft, für die sie jeden Beweis schuldig sei, führte Verteidigerin Edith Lunnebach aus. Aus der einen Behauptung, Ingrid Strobl habe einen Wecker für den Anschlag gekauft und einer zweiten, die „RZ“ arbeiten nach dem Prinzip der „Abschottung und Klandestinität“, schließe die BAW einfach: „Die Angeklagte muß daher Mitglied dieser Organisation sein.“ Tatsächlich wisse die BAW nichts über die „RZ“ und ihre Organisationsweise. Daher habe sie als Mitglieder Personen aufgezählt, die verstorben, vor Jahren verurteilt, aber nicht mehr in Erscheinung getreten seien. Und da Beweise fehlen, so die Anwältin, stochere die BAW in der „Gesinnung“ von Ingrid Strobl nach dem Prinzip: „Wenn wir es ihr nicht beweisen können, dann ist es ihr zumindest zuzutrauen.“
Noch am Ende des 1.Prozeßtages hat die Verteidigung Richter Arend als befangen abgelehnt, weil er durch seine Verhandlungsführung zu einem Klima der Gewalt im Gerichtssaal beitrage. Er hatte es unter anderem abgelehnt, zu klären, ob Zivilbeamte im Gerichtssaal mit Gewalt gegen ProzeßbesucherInnen vorgegangen waren und ob ein Beamter Verteidigerin Lunnebach beschimpft hatte. Der Prozeß wird nächsten Dienstag fortgesetzt.
Gitti Hentschel
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