: Berliner Gift nach Polen
■ Umweltverwaltung verdächtigt Entsorgungsfirma Lepkojus, ungenemigt Chemieabfälle zur Verbrennnung nach Polen transportiert zu haben
Die Senatsverwaltung prüft gegenwärtig, ob die mit dem Recycling und der Beseitigung von Sonderabfällen befaßte Alba-Tochterfirma Lepkojus ungenehmigt Chemieabfälle nach Polen tansportieren ließ. Aus eingereichten Abfallbegleitscheinen ergäben sich starke Anhaltspunkte für entsprechende „Unregelmäßigkeiten“, sagte der Sprecher der Verwaltung, von Bargen, auf taz-Anfrage.
Nach Informationen der AL schickte Lepkojus am 28.Dezember letzten Jahres rund 30 Tonnen der Lösungsmittel Perchlorethylen und Methylenchlorid zur Verbrennnung nach Polen. Offenbar, um die umweltgefährdende Beseitigung zu vertuschen, wurde der Chemiemüll fälschlich als zum Recycling bestimmtes „„Wirtschaftsgut“ deklariert, so ein dem AL-Fraktionsmitarbeiter Thomas Schwilling zugegangener Hinweis.
Die Firma bestritt hingegen auf taz-Anfrage entschieden eine unrichtige Kennzeichnung der Chemikalien. Den Unterlagen zufolge seien an dem fraglichen Tag insgesamt 22,25 Tonnen Lösungsmittel tatsächlich zu einem westdeutschen Vertragspartner transportiert worden, und zwar zur Wiederaufarbeitung. Darüber habe man freiwillig Nachweise erbracht, obwohl dies bei „Wirtschaftsgut“ nicht vorgeschrieben sei.
Anhand der vorgelegten Begleitscheine zu dem Transport ist für die Umweltverwaltung dagegen keineswegs klar nachvollziehbar, ob Abfall oder Wirtschaftsgut befördert wurde. Entgegen der Behauptung von Lepkojus seien die Chemikalien außerdem eindeutig nicht an ein bundesdeutsches Unternehmen, sondern an eine polnische Firma gegangen, bestätigte von Bargen. Einen nach dem Abfallgesetz notwendigen Antrag auf eine Exportgenehmigung habe Lepkojus aber nicht gestellt.
Aus den gesammelten Begleitscheinen ergebe sich überdies, daß von dem Berliner Alba-Tochterunternehmen in den letzten Monaten in verschiedenen Chargen „weit mehr als 22 Tonnen“ an Chemikalien nach Polen geliefert worden seien. Der Sprecher: „Da Lepkojus in den Begleitscheinen als Abfallerzeuger genannt ist, muß man daraus schließen, daß die Stoffe auf dem Firmengelände gelagert wurden. Hier stellen sich die Fragen, ob das rechtmäßig war, ob der jeweils genannte Beförderer eine Transportgenehmigung hatte und ob eine ordnungsgemäße Abfallbeseitigung gegeben war.“
Möglicherweise illegal war auch ein von Lepkojus am 22.Dezember letzten Jahres gemanagter Abfalltransport. Wie der AL bekannt wurde, gingen 24,8 Tonnen halogenisierte Lösungsmittelgemische per Tanklastzug an die Mannheimer Firma Südmüll zur anschließenden Verbrennung auf Nordseeschiffen. Dabei übernahm Lepkojus auch eine kleine Lösungsmittelteilmenge über 1.000 Liter von den Berliner Stadtreinigungsbetrieben. Die Umweltverwaltung will hier nun untersuchen, ob das, was deklariert wurde, wirklich in Form der extrem umweltschädigenden Hochseeverbrennung beseitigt werden durfte.
Thomas Knauf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen