: Akten-Stau im Amtsgericht
■ Weil die Jecken in Ganderkesee Behörden-Konfetti verstreuten, steht der Aktenvernichter still / Datenschützer will Abtransport zur MVA bewachen lassen
Dem Bremer Amtsgericht stehen die Akten bis zum Hals. Im Keller des Hochhauses an der Ostertorstraße stapeln sich die Altlasten des Beamten-Fleißes gleich tonnenweise bis unter die Decke. Der Grund für den Aktenvernichtungsstau lag kurz vor Aschermittwoch in Ganderkesee.
Eine große Konfetti-Kanone hatte dort den Faschingsumzug mit Papierschnitzeln bedeckt, auf denen bei genauerem Hinsehen Stempel, Aktenzeichen und andere Indizien die Bürokratie zu entdecken waren. Das Konfetti - so haben jetzt die offiziellen Recherchen ergeben - stammte aus dem Papierzerkleinerer im Keller des Bremer Amtsgerichtes. Gleich mehrere der zu handlichen
30-Kilo-Paketen gepreßten fünfmarkstück großen Papierfetzen hatte eine Protokollführerin mit vorgesetzter Genehmigung zum Fasching abtransportiert.
Damit ersparte sie dem Karnevalsverein in Ganderkesee nicht nur die lästige Besorgung, sondern auch einige Unkosten, kostet doch ein einziges Kilo der bunten Papierchen im Laden runde zehn Mark. Und eine zünftige Karnevals-Konfetti-Kanone spuckt so
um die 100 Kilo pro Stunde in die Luft.
„Wir sind davon ausgegangen, daß die Papierreste datenschutzsicher sind“, gestand jetzt Amtsgerichts -Präsident Ulrich Trzeba. Immerhin war bei Anschaffung des Aktenhexlers auch die Zustimmung des Datenschutzbeauftragten Alfred Büllesbach eingeholt worden. „Ich werde vorschlagen, daß der Aktenvernichter dableibt, die Säcke mit den Resten aber sicher zur Müllverbrennung abtransportiert werden“, reagierte Büllesbach jetzt auf den Ganderkeseer Kon
fetti-Skandal.
Als erstes kommt nun ein Schloß vor den Container im Amtsgerichts-Hof, in dem die zerkleinerten Alt-Akten zwischenlagern. Dann wird ihr Abtransport unter Behörden -Augen organisiert und dann - so hoffen es vor allem die Beamten im Amtsgerichts-Keller - dann darf der Hexler wieder angeworfen werden. Und die Ganderkeseer Jecken werden sich am nächsten Rosenmontag mit Original-Konfetti aus der Papier -Fabrik zupusten lassen müssen.
Dirk Asendorpf
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen