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Plausch vor dem Fernseher

■ Private Videokonferenz in Ostfriesland

Holtland (dpa) - Jeden Mittag zieht sich der 49 Jahre alte Elektromeister Heinrich Frerichs in seinem Haus in Holtland (Landkreis Leer) für eine halbe Stunde zurück. Um abzuschalten setzt er sich vor seine Fernsehgeräte und schaltet sich ein. Für Außenstehende ist sein privates Mittagsfernsehprogramm eher langweilig. Heinrich Frerichs sieht auf den Bildschirmen seine drei Freunde, mit denen er täglich eine private Videokonferenz schaltet. Beim Plausch vor der Glotze geht's ausschließlich um Privates - meist natürlich um das gemeinsame Hobby, den Amateurfunk.

„Nur sprechen“ war dem begeisterten Amateurfunker irgendwann zu wenig. Mit einem Freund kam der Bastler aus Ostfriesland 1972 auf die Idee, zum Ton auch noch das Bild zu senden. Also schafften sich die beiden eine Videokamera an und koppelten sie mit einem Sendegerät. Über einen Fernseher mit Empfangsgerät kam das Bild dann beim Partner an. „Erst hat der eine gesendet, und der andere hat geguckt und dann umgekehrt“, erzählt Frerichs.

Als die Kameras billiger wurden, bauten die Bastler ihre Anlagen aus und stellten von Schwarz-Weiß auf Farbe um. Im Lauf der Zeit fanden auch weitere Freunde Geschmack an der Idee privater Videokonferenzen. Heute hat Frerichs neben einer Videokamera sieben Bildschirme in seinem „Konferenzzimmer“ unterm Dach stehen, mit denen er an Sonntagen mit bis zu fünf Mann kommuniziert. Dazu benutzen die „Amateurfernseher“ handelsübliche Videokameras und ganz normale Fernseher. Die dazugehörigen Geräte zum Senden und Empfangen haben sie sich selbst zusammengebastelt.

Unten rechts, das ist „DL 2 BC“, erklärt der begeisterte Amateurfunker. Hinter dieser Funkkennung verbirgt sich der 76 Jahre alte Walter Blaurock aus Leer. Und oben drüber, „DF 5 BO“, das ist Tönjes Manson (60) aus Moormerland. Auf dem Bildschirm ganz links sieht man Freerk Sweers (58) - „DB 8 WM“, auch aus Moormerland. „Wir treffen uns jeden Mittag“, sagt der Elektromeister und meint seine private Videokonferenz, mit der er meist nur 20 bis 30 Kilometer überbrücken kann.

Unter besonderen Wetterbedingungen gibt es Überreichweiten. Immer klappt es dabei allerdings mit Bild und Ton nicht wie gewünscht. Die weiteste Verbindung brachte Heinrich Frerichs mit einem Kollegen aus Paris zusammen. „Sehen konnten wir uns“, erzählt der Ostfriese, „aber nicht verstehen.“ Der Kollege sprach nicht deutsch und Frerichs kein französisch. So mußte er sich mit der „QSL-Karte“ zufrieden geben, auf der der Kontakt später bestätigt wurde.

Solche Karten werden über den „Deutschen Amateur-Radio -Club“ in Baunatal bei Kassel verschickt, dem bundesweit über 50.000 Amateurfunker angehören. Die Mitglieder des Clubs müssen sich bei ihren Unterhaltungen an das Amateurfunkgesetz halten. „Politik hat da nichts zu suchen“, sagt Frerichs. Und wenn er doch politisieren will, greift er ganz normal zum Telefonhörer.

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