: 112 Häftlinge in Durban bleiben im Hungerstreik
Inhaftierte wollen sich nicht auf Regierungszusagen verlassen ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Mindestens 112 Häftlinge in der südafrikanischen Hafenstadt Durban sind noch immer im Hungerstreik, obwohl ihre Leidensgefährten in Johannesburg und Port Elizabeth ihre Aktion letzte Woche suspendiert haben. Die Suspendierung erfolgte auf Zusagen des Ministers für Recht und Ordnung, eine „beachtliche“ Zahl von Häftlingen in den nächsten zwei Wochen freizulassen. Zeitungsberichte haben von 100 möglichen Freilassungen gesprochen. Die Opposition fordert jedoch nach wie vor die Freilassung aller etwa 1.000 Häftlinge.
Ein Sprecher des Minsteriums für Recht und Ordnung warnte am Sonntag, daß die Streikenden in Durban ihre Freilassung durch einen Hungerstreik nicht beschleunigen könnten. Minister Vlok und seine Mitarbeiter täten jedoch ihr Äußerstes, um die Fälle aller infolge des Ausnahmerechts ohne Gerichtsverfahren festgehaltenen Häftlinge zu überarbeiten. „Der Minister wird sich nicht einschüchtern lassen, um Freilassungen in Fällen anzuordnen, wo er im Interesse der öffentlichen Ornung nicht dazu in der Lage ist“, sagte der Sprecher. Vlok selbst betonte am Sonntag, daß er Verhaftungen ohne Gerichtsverfahren nicht aufgeben will. Südafrika sei Ziel einer internationalen Kampagne, die mit „teuflischer Gehässigkeit“ betrieben werde. Verhaftung ohne Gerichtsverfahren sei auch in vielen westlichen Ländern möglich, sagte der Minister.
Letzte Woche wurden insgesamt 30 Häftlinge freigelassen. Gestern kamen in Johannesburg noch zwei hinzu. Es ist jedoch deutlich, daß Vlok keine Massenentlassungen zulassen will. Zudem sollen Häftlinge, die im Hungerstreik waren, erst freikommen, nachdem sie wieder mit dem Essen begonnen haben.
Pastor Frank Chikane, Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrates, besuchte gestern die etwa 20 Häftlinge, die nach dem Hungerstreik noch immer im Hillbrow-Krankenhaus in Johannesburg behandelt werden. Etwa zehn Häftlinge, die mit ihrer Polizeiwachen zufällig im Garten des Krankenhauses spazieren gingen, sprachen kurz mit anwesenden Journalisten. „Wir haben den Hungerstreik nur suspendiert“, betonte der 17jährige Cecil Molwale. „Wenn wir nicht freigelassen werden, werden wir den Streik zweifellos wieder aufnehmen.“
Chikane betonte, daß die Opposition die Zahl der Freilassungen genau beobachten werde. „Wir haben Vlok gesagt, daß für uns das Schlüsselproblem das System der Apartheid ist“, sagte Chikane. „Wenn er nicht das Apartheidsystem abschafft, könnte er gezwungen sein, die Leute erneut zu verhaften. Denn dieses System zwingt die Leute dazu, sich zu wehren.“
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