: Schamir versteckt sich hinter Washington
Israels Premierminister bekräftigt, daß er derzeit keinen Plan für einen Frieden im Nahen Osten hat / Vor einer Diskussion von Friedensplänen steht die Absprache mit den USA, die für kommendes Frühjahr vorgesehen ist / Heute Treffen mit Mitterrand in Paris ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Israels Premierminister Jizchak Schamir betonte vor seiner Reise nach Frankreich, daß es zur Zeit keinen israelischen Plan für eine friedliche Lösung im Mittleren Osten gibt. Die Regierung hat nicht einmal die Rabin-Vorschläge für Wahlen in den besetzten Gebieten und eine Autonomie-Zwischenlösung einer Untersuchung unterzogen.
„Die Regierung wird auch keine politische Debatte abhalten und keine politischen Pläne diskutieren, solange es keine Absprache darüber mit Washington gibt“, sagte Schamir, der heute mit dem französischen Präsidenten Mitterrand und Außenminister Rocard in Paris zusammenkommt, um (wie Schamirs Büro meldet) „Frankreich zu überreden, daß eine Alternative für die PLO gefunden werden muß, denn die PLO kann und darf kein Partner für Frieden sein“. Schamir hat seiner Regierung mitgeteilt, daß keinerlei politische Debatte oder Entscheidungen über politische Pläne bevorstünden, bevor er im Frühjahr mit der Bush -Administration Beschlüsse gefaßt haben wird.
Einige Kabinettsmitglieder kritisierten die Reise des israelischen Außenministers Arens nach Kairo, um dort mit dem sowjetischen Außenminister zu sprechen. Arbeiterpartei -Transportminister Gad Jakobi fragte, wie sinnvoll es sein kann, wenn Arens ohne Regierungsvorschläge über außenpolitische Schritte zu wichtigen Gesprächen mit dem sowjetischen Außenminister fliegt.
Aber Arens‘ Besuch in Kairo und Schamirs Besuch bei Mitterrand in Paris werden vom Ministerpräsidentenamt als „zwei Teile einer israelischen diplomatischen Offensive“ bezeichnet. In Jerusalem erwartet man, daß die Sowjetunion weitere Schritte unternehmen wird, um die diplomatischen Beziehungen mit Israel noch in diesem Jahr voll aufzunehmen (der Parallelschritt ist die Aufnahme der amerikanischen Kontakte mit der PLO).
Arens Aufgabe ist es ansonsten, wenig zu sagen und mehr zuzuhören, was Schewardnadse in Kairo zu sagen hat. Israel ist weiterer Gegner einer internationalen Konferenz und möchte auch die Vereinten Nationen aus dem Spiel halten. Der „Starter“ für bilaterale israelische Verhandlungen mit Nachbarstaaten könnte eine amerikanisch-sowjetische Einladung oder Initiative sein, aber ohne Vereinte Nationen und ohne eine internationale Konferenz als permanenten Rahmen. Verhandlungen will Israel dann nur mit Regierungen vorhandener arabischer Nachbarstaaten führen.
Diese Kompromißformel wurde vor zwei Jahren zwischen Peres und Staatssekretär George Shultz ausgearbeitet, aber damals hatte Schamir wenig Interesse an einem Projekt, das angeblich auch König Husseins Zustimmung fand. Jetzt kehrt Schamir zu der Shultz-Peres-Formel zurück und bringt sie als positiven Beitrag in die Debatte; vielleicht weil er davon ausgeht, daß weder die arabischen Staaten und die PLO noch die Sowjetunion mit dieser Konzeption etwas anfangen können. Es geht Schamir im Augenblick darum, „Zeit zu gewinnen und Gefahren zu bannen“ und doch dabei die Beziehungen mit der UdSSR baldmöglichst zu normalisieren.
Zahlreiche Verletzte beim Generalstreik
Am ersten Tag des auf drei Tage geplanten Generalstreiks in allen besetzten Gebieten wurden zwei Dutzend Palästinenser durch Schüsse und Schläge verwundet. Die israelischen Truppen versiegelten mehrere Häuser und zerstörten andere.
Dutzende palästinensische Aktivisten wurden festgenommen, um „Unruhen vorzubeugen“. Darunter sollen auch sämtliche im Gaza-Streifen ansässigen Führer der palästinensisch -islamischen Widerstandsorganisation HAMAS sein. Die sechs Männer seien in den vergangenen Monaten verhaftet worden und würden demnächst vor Gericht gestellt, sagte ein israelischer Militärsprecher.
Auf einer Versammlung in Tel Aviv protestierte der Palästinenserführer Husseini aus Ost-Jerusalem gegen die Festnahme des palästi nensischen Journalisten Saman Khoury, der am letzten Wochenende nach der Teilnahme an Gesprächen mit Funktionären der Arbeiterpartei verhaftet worden war. Schewardnadse in Kairo
Kairo (afp) - Der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse ist am Montag mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zu Gesprächen zusammengekommen. An dem Treffen im Präsidentenpalast in Heliopolis bei Kairo nahm auch der ägyptische Vizepräsident und Außenminister Esmat Abdel Meguid teil.
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