Hase Spalthoff

■ Biblis wäre heute nicht mehr genehmigungsfähig

Berlin (taz/dpa) - In einigen Wochen geht Franz-Josef Spalthoff aufs Altenteil. Doch gestern hatte er noch einmal einen Auftritt. Groß war der nicht, wohl eher unangenehm, so am Ende der Karriere. Ort der Handlung des kleinen Dramas: der Atom-Untersuchungsausschuß des Bonner Parlaments.

RWE-Vorstand Spalthoff ist bei dem Essener Stromgiganten (noch) zuständig für die Kraftwerke, also auch für den Pannenreaktor in Biblis. Im Zusammenhang mit dem ein Jahr lang vertuschten Unfall vom 17.Dezember 1987 hatte ihm der Bundesreaktorminister laut dessen Vermerk unter anderem „eine anhaltende Verteidigung und spekulative Inanspruchnahme nicht nachzuweisender Sicherheitsreserven“ vorgehalten. Das war vor sechs Wochen. Doch Spalthoffs Name ist Hase: Diesen Vorwurf höre er vor dem Bonner Ausschuß zum erstenmal und könne ihn auch nicht so stehen lassen. Weder mündlich noch schriftlich sei ihm das bei Hessens Umweltminister Weimar oder bei Bonns Reaktorminister Töpfer vorgehalten worden. Auch die Computerstörfall-Protokolle würden nicht, wie bei Töpfer vermerkt, „vernichtet, wenn der Ordner voll ist“.

Bei dem beharrlichen Nachfragen des Grünen Otto Schily bleibt Spalthoff dagegen keine Antwort schuldig: Ja, Biblis wäre nach heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genehmigungsfähig. Defizite gebe es in erster Linie beim Schutz vor Flugzeugabstürzen. Aber die seien ja glücklicherweise „extrem unwahrscheinlich“. Ansonsten laufe der Atommeiler in Biblis ganz prima.

Die Teilnehmer des Untersuchungsausschusses kommen aus dem Staunen kaum mehr heraus. Bereits vor Spalthoffs Auftritt hatte am Donnerstag ein bayerischer TÜV-Experte frohgemut verkündet, bis heute könne niemand sagen, warum das Absperrventil, das den Störfall im Dezember 1987 ausgelöst hatte, so schwergängig gewesen sei. Solange das nicht geklärt sei, meint die SPD, könne der Reaktor nicht weiterlaufen. Tut er aber.

gero