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Die Bushs waren schon vor Gorbatschow da

■ Besuch des neuen amerikanischen Präsidenten George Bush in Peking mit zukunftsweisendem Charakter / Sino-sowjetische Annäherung begrüßt / Sihanouk weitere Unterstützung zugesichert / Chinesischer Dissident durfte nicht zum Barbecue-Bankett

Peking/Berlin (dpa/afp/ap/taz) - Bevor Michail Gorbatschow im Mai zum sino-sowjetischen Gipfeltreffen in Peking anreist, haben es sich die Bushs in ihrem „zweiten Heim“ noch einmal gemütlich gemacht. „Ich liebe China. Ich hatte sehr, sehr glückliche Jahre dort“, erinnerte sich Barbara Bush allerorten. Eine Einladung zu einem offiziellen Besuch der Volksrepublik nahm der US-Präsident bei seinem zweitägigen Arbeitsbesuch am Wochenende dankend an. Bei einem Treffen mit Deng Xiau Peng bezeichnete Bush den bevorstehenden Besuch Gorbatschows in Peking und die Verbesserung der Beziehungen der beiden größten kommunistischen Staaten als wichtigen und nützlichen Schritt für die internationale Stabilität.

Im Gespräch mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng betonte Bush dagegen die Kontinuität der amerikanisch -chinesischen Beziehungen. Erörtert wurden bei diesem „bisher nicht dagewesenen Dialog“, wie Präsidenten-Sprecher Fitzwater das Treffen beschrieb, unter anderem die Kamputschea- und die Koreafrage, der Nahe Osten, Afghanistan, Taiwan, die Handelsbeziehungen und der Atomwaffensperrvertrag. Bush habe Li ersucht, Nordkorea zur Aufnahme eines „wirklichen Dialogs“ mit Südkorea zu bewegen. Er wiederholte zudem den amerikanischen Standpunkt, daß dafür gesorgt werden müsse, nach einem vollständigen Rückzug der vietnamesischen Truppen aus Kamputschea eine erneute Machtübernahme der Roten Khmer zu verhindern.

Das am Rande der Visite vereinbarte Treffen mit dem kamputscheanischen Widerstandsführer Prinz Norodom Sihanouk begann nach Augenzeugenberichten mit einer gewissen Verzögerung, weil sich der einstige Regent von Kamputschea mit der Choreographie nicht einverstanden zeigte. Er bestand darauf, vom Präsidenten schon am Rande des Gästehauses begrüßt zu werden. Nachdem der amerikanische Gesandte und ein Asienexperte des Außenministeriums vergebens versucht hatten, den Prinzen zum Eintritt zu bewegen, sei Bush schließlich am Eingang zur Begrüßung erschienen.

Das Präsidentenpaar bringt den idealen politischen Werdegang mit, um in Asien für das Sternenbanner hausieren zu gehen. Vor nunmehr fast 15 Jahren, im Oktober 1974, war Bush als erster Chef des amerikanischen Verbindungsbüros nach Peking gekommen. Wann immer er seither zurückkehrte -insgesamt viermal -, sei er fasziniert gewesen von dem dynamischen Wandel und Wachstum seit 1978. Das erste Mal, blickte Babara Bush zurück, sei China für sie so etwas wie ein „Schwarzweißfilm“ gewesen. Doch bei aller Begeisterung für das neue Reformchina lud das Ehepaarzum Mißfallen seiner Gastgeber zum Abschlußbankett auch Chinas bekanntesten Dissidenten, den Astrophysiker Fang Lizhi ein. Fang, der im Vorjahr aus der KP Chinas ausgeschlossen worden war, hat wiederholt den Marxismus als überholt kritisiert, die KP für Mißstände verantwortlich gemacht und eine Demokratisierung sowie die Verwirklichung der Menschenrechte in China gefordert. Auf dem Weg zu einem Bankett der Bushs (echt texanisches Barbecue) wurde der Dissident jedoch von der Pekinger Polizei gestoppt und so lange festgehalten, bis sich die Tafelrunde auflöste.

Das Präsidentenpaar ließ sich am Ende seines Kurzsbesuchs auch nicht nehmen, gemeinsam mit 2.400 chinesischen Gläubigen an einem Gottesdienst teilzunehmen und zu betonen, daß die Kirche einst „in gewissem Sinn unser Zuhause fern von daheim war“.

sl

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