Kosovo: Erste Rücktritte infolge des Streiks

Parteichef von Pristina nahm seinen Hut / BBC: Umstrittener Parteichef von Kosovo, Morina, auch zurückgetreten / Weitere Forderungen der 1.200 streikenden Bergarbeiter werden bisher von der Partei abgelehnt / Bergleute drohen mit Stollen-Sprengung  ■  Von Roland Hofwiler

Krakau (taz) - Auch Montag war die Lage in der südjugoslawischen Provinz Kosovo explosiv. Nach einer bisher unbestätigten Meldung von BBC soll der Parteichef der Provinz, Rahman Morina, zurückgetreten sein. Der Parteichef von Pristina, Azemi, hatte schon vorher seinen Rücktritt bekanntgegeben. Die 1.200 albanischen Arbeiter der Blei- und Zinkmine Trepca setzten ihren Streik fort. Obwohl bereits über ein Drittel der 300 seit neun Tagen hungerstreikenden Kumpel unter Tage ohnmächtig wurde und in Krankenhäuser gebracht werden mußte, verweigerten die in 700 Meter Tiefe verbarrikadierten Bergleute auch am Sonntag jegliche Nahrung. Eine am Sonntag abend von der jugoslawischen Presseagentur 'Tanjug‘ verbreitete Erklärung, die Parteiführung des mehrheitlich von Albanern besiedelten Kosovo habe einen Kompromiß mit den Arbeitern gefunden und diese zum Abbruch ihres Streiks bewegen können, bestätigte sich nicht. Den weitergehenden Forderungen der Bergleute Rücktritt des Parteichefs der Provinz, Rahman Morina, und schriftliche Zusage, daß die Autonomierechte der albanischen Bevölkerung unangetastet bleiben - wurde bisher nach anderen Meldungen nicht stattgegeben. Morina hatte auf einer Pressekonferenz erklärt, er sei ursprünglich zum Rücktritt bereit gewesen. Doch die Parteileitungen von Kosovo, der Teilrepublik Serbien (der die autonome Provinz Kosovo unterstellt ist) und der Gesamtrepublik Jugoslawien hätten ihn gebeten, auf seinem Posten zu bleiben, um die Lage nicht weiter zu „destabilisieren“. In Pristina, der Hauptstadt des zu knapp 85 Prozent von Albanern besiedelten Kosovo, halten weiterhin 2.000 bis 3.000 Studenten aus Solidarität mit den Bergleuten das Sportstadion besetzt.

Nach einer Meldung der Zagreber Zeitung 'Vecernji list‘ versuchte Azem Vlasi, Ex-Parteichef Kosovos, der vor zwei Monaten auf Druck der Belgrader Parteizentrale wegen seines zu albanerfreundlichen Kurses zurücktreten mußte, in Pristina und Trepca zu verhandeln. Ohne Erfolg, wie Vlasi eingestand. Noch weist nichts auf einen Kompromiß hin. Während sich die Arbeiter von Hunderten von Betrieben dem Streik der Bergleute anschlossen, gingen in mehreren serbischen Enklaven Kosovos die Anhänger des Parteichefs der Republik Serbien, Slobodan Milosevic, der auf eine Einschränkung der Autonomie Kosovos drängt, auf die Straße. 800 serbische und montenegrinische Bergarbeiter haben laut 'Tanjug‘ im 30 Kilomter von Trepca entfernten Bergwerk Leposavic mit Streikaktionen gedroht, falls ihre albanischen Kollegen ihren „konterrevolutionären Ausstand“ nicht beenden sollten.

Im Dorf Klinije forderten nationalistische Serben die Abschaffung des Albanischen als Amtssprache. Gleichzeitig appellierten sie an das Oberkommando der jugoslawischen Armee, Schußwaffen an die serbische Minderheit im Kosovo auszugeben. Man fürchte Racheakte der Albaner, falls die Streitkräfte ihren Aufstand militärisch brechen sollten. Die verbarrikadierten Bergleute selbst haben für diesen Fall mit der Sprengung der Bergstollen gedroht. Ihren eigenen Tod würden sie dabei in Kauf nehmen, erklärten sie Journalisten gegenüber, die am Samstag zu ihnen in den Berg hinunterfuhren. Elf Mitglieder des albanischen Dramatikerverbandes haben sich am Samstag ihren Forderungen angeschlossen. Falls diese innerhalb zehn Tagen nicht erfüllt würden, würden sie sich einer nach dem andern öffentlich verbrennen.