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Senat muß Protokolle herausrücken

■ Staatsgerichtshof gab dem Parlament recht: St.-Jürgen-Ausschuß darf Senatsprotokolle einsehen / Justizsenator „frohlockt als Demokrat“ / FDP: Ohrfeige für den Senat“

Einstimmig hat der Bremer Staatsgerichtshof der Klage des Parlaments gegen den Senat recht gegeben. Dem St.-Jürgen -Untersuchungsausschuß müssen nun auch die hoch -vertraulichen Protokolle der Senatssitzungen übergeben werden, in denen Beratungen in Sachen St.-Jürgen-Klinik aufgezeichnet wurden. „Wenn parlamentarische Regierungskontrolle wirksam ausgeübt werden soll, ist die Vorlage der Regierungsakten ein unverzichtbares Mittel zur Selbstinformation der Untersuchungsausschüsse“, heißt es in der ausführlichen Ur

teilsbegründung.

Dem Argument des Senats, die Vertraulichkeit seiner Beratungen schütze davor, daß die Entscheidungsfindung in informelle „Suppenrunden“ verlagert wird, hält das Gericht Habermas‘ Öffentlichkeits-Begriff und ein Argument des Soziologen Simmel entgegen: „Geheimhaltung im Zusammenhang mit kollegialen Entscheidungsprozessen verkörpert zugleich das Prinzip der Verantwortungslosigkeit.“

„Die Entscheidung läßt mich als Demokrat frohlocken und stimmt mich als Regierungsmit

glied bedenklich“, kommentierte Justizsenator Volker Kröning den Richterspruch. Als „schallende Ohrfeige“ bzw. „klare Lektion in Sachen Demokratie“ für den Senat bezeichneten FDP und CDU das Urteil.

Der Vorsitzende des St.-Jürgen-Ausschusses, Andreas Lojewski, hofft, daß ihm „in den nächsten Wochen“ sämtliche einschlägigen Senatsprotokolle der letzten zwölf Jahre vorliegen. Zusammen mit dem Justizsenator ist er der Meinung, daß das Urteil „bundesweit Parlamentsgeschichte“ machen wird.

Ase

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