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"Verrat"-betr.: Querspalte "Legalisiert die Revolution", taz vom 21.2.89

betr.: Querspalte „Legalisiert die Revolution“,

taz vom 21.2.89

(...) Ich habe in der taz noch nie einen dümmeren Beitrag zur Frage der „Gewalt“ gelesen.

Weil der Staat das Gewaltmonopol besitzt, führe ich die Diskussion über Gewalt logischerweise mit dem Staat. Eine AL, die darauf verzichtet, zu fragen, für oder gegen die Ziele welcher Teile des Volkes der Staat seine Gewalt einsetzen wird, braucht sich gar nicht mehr an die Regierungsverantwortung heranzumachen, weil dann die Euphorie einer SPD-Koalition die erste und letzte gewesen sein dürfte.

Wenn also Ulli Kulke recht hat, daß die Debatte um das staatliche Gewaltmonopol eine Gespensterdebatte ist, weil der Staat damit steht oder fällt, hat er Unrecht mit seiner Aussage, daß es der Revolution genauso ginge. Mit Gewalt werden Häuserbesetzer, Arbeitslose und Flüchtlinge ihre Ziele nie erreichen, woraus aber nicht folgt, daß sie keine Gewalt anwenden, sondern daß sie Gewalt als ein Mittel sehen und einsetzen, um sich gerade nicht auf dem Entsorgungspark des Staates für jedweden Abfall endlagern zu lassen. Diese Menschen sind's doch, die zu fast 100 Prozent wollen, daß die AL bewirkt, daß ihre Menschenwürde nicht weniger geachtet wird als die der Häuserbesitzer und Bürokraten. „Verrat“ scheint mir das einzig angemessene Wort für die lange Erfahrung, die Linke mit der SPD gemacht haben; immer war's die Staatsgewalt, die diesen Verrat vollzog. In der Praxis kann ich mir vorstellen, daß die AL mitmacht und fröhlich unterschreibt und verhandelt...; die auf ihren Einfluß hoffen, werden am eigenen Leib spüren, ob Staatsgewalt ihr Recht durchsetzt oder sie sich ihre, dem Staat übertragene Gewalt, wieder zurückholen müssen.

Hermann Bergengruen, Hannover

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