Tass interveniert zu Gunsten der Mullahs

■ Mordbefehl gegen Rushdie sei nur die Position eines religiösen Führers / Brandanschläge auf Büchereien in den USA

Karatschi/London/Moskau/New York (afp) - Schwarz-Weiß -Malerei in der Rushdie-Affäre warf die amtliche sowjetische Nachrichtenagentur Tass am Mittwoch der westlichen Presse vor. Möglicherweise habe Ayatollah Khomeini entsprechend der Richtlinien des Koran keine andere Wahl gehabt, als den Autor der als blasphemisch empfundenen „Satanischen Verse“ zu verurteilen. Dies sei aber nur die Position eines religiösen Führers, betonte der Tass-Kommentator. Die iranische Regierung habe Rushdie nicht zum Tode verurteilt. Während der Kommentator die islamische Republik Iran offenbar als einen säkularisierten Staat begriff und unerwähnt ließ, daß Ministerpräsident Mussawi sowie andere Mitglieder der Teheraner Führung die Morddrohung erneut bekräftigt haben, erteilte die amerikanische Regierung der Sowjetunion am Mittwoch eine Rüge, weil sie bislang nicht den Mordbefehl des Ayatollah verurteilt hat. Immerhin hatte am Dienstag der Sprecher des sowjetischen Außenministeriums, Gennadi Gerassimow, am Dienstag die Besorgnis des Kreml über das Todesurteil ausgedrückt.

In den USA wurden am Dienstag im Zusammenhang mit dem umstrittenen Buch Brandanschläge gegen ein New Yorker Büro der Wochenzeitschrift 'Riverdale Press‘ und zwei Büchereien in Kalifornien verübt. Der Bürgermeister von New York, Ed Koch, setzte auf die Ermittlung der Täter eine Belohnung von 10.000 Dollar aus.

Unter Polizeischutz mußte unterdessen auch der Starmoderator der britischen Fernsehgesellschaft „Channel Four“, Peter Sisson, gestellt werden, weil er telephonische Drohungen der „Islamischen Revolutionswächter“ erhielt. Der Anrufer drohte weiter, daß die britischen Botschaften und Luftfahrtgesellschaften im Ausland sowie verschiedene öffentliche Plätze im Inland, wie Pubs oder Regierungsgebäude, zur Zielscheibe der Islamischen Revolutionswächter würden, falls Rushdie nicht aus seinem Versteck komme. Dort soll Rushdie nach Angaben eines Sprechers des zu Penguin-Gruppe gehörenden Viking-Verlags zur Zeit Höhen und Tiefen durchleben.

In Pakistan, wo die Anti-Rushdie-Proteste sich zuerst gegen eine amerikanische Kulturinstitution richteten und bislang sechs Todesopfer forderten, wurde der indisch-britische Autor inzwischen mit einem Einreiseverbot belegt. Rushdie hatte sich hier bereits mit seinem 1983 erschienen Roman „Scham und Schande“ - eine infernalische Chronik des chronischen Infernos pakistanischer Politik - allseits unbeliebt gemacht.

Benazir Bhutto versprach indessen am Mittwoch abend, alle Gesetze, die Frauen diskriminieren, aufzuheben. Mit ihrer Rede anläßlich des 40. Jahrestags der Gründung der All -Pakistanischen Frauenvereinigung APWA verteidigte sich die Premierministerin gegen das jüngste Ergebnis einer Konferenz religiöser Gelehrter. Diese „Ulema-Konferenz“ war kürzlich zu dem Schluß gekommen, daß eine Frau nicht Regierungschefin eines islamischen Landes sein dürfe.

Sl