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Auch Hessens LehrerInnen reicht's

Ein Streik macht Schule / Protestkundgebung der hessischen PaukerInnen für Reduzierung der Pflichtstundenzahl / SchülerInnen marschieren mit / GEW will Diskussion über Beamtenrecht anleiern  ■  Aus Frankfurt Miriam Carbe

Nach den Lehrerstreiks in Hamburg und Bremen hat jetzt auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen ihre Mitglieder mobilisiert. Über 10.000 Lehrer sprachen sich Trotz Verbots in einer Urabstimmung für einen eintägigen Streik aus, der ihre Forderung nach einer Verkürzung der Pflichtstundenzahl um eine Stunde unterstreichen soll. Auf ihrer gestrigen landesweiten zentralen Streikkundgebung in Frankfurt verlangte die GEW gestern den Eintritt der hessischen Landesregierung in Verhandlungen über die Verkürzung der Lehrerarbeitszeit.

Ministerpräsident Wallmann weigert sich bislang, den Tarifabschluß von 1988 für den öffentlichen Dienst auch für Beamte zu übernehmen. In dem Tarifabschluß ist ein geringer Lohnzuwachs bereits mit einer Arbeitszeitverkürzung gekoppelt. Als „fundamentalen Angriff auf das Selbstverständnis der Gewerkschaften“ bezeichnete Klaus Müller, Landesvorsitzender der GEW-Hessen, das Verhalten der hessischen Landesregierung. Die Gewerkschaften hätten aus Solidarität mit den arbeitslosen Kollegen auf umfangreichere Lohnforderungen verzichtet. Nach Berechnungen der GEW könnten bei der Kürzung von einer Pflichtstunde 1.750 neue Lehrer eingestellt werden. In Hessen sind über 12.000 Lehrer arbeits- los.

Mit Anzeigenkampagnen in allen großen hessischen Tageszeitungen, Bußgelddrohungen und der Ankündigung von Disziplinarverfahren hat die Regierung in Hessen im Vorfeld des gestrigen Streiks versucht, die GEW einzuschüchtern. Noch am Morgen vor der Kundgebung prognostizierte Kultusminister Wagner im Hessischen Rundfunk, daß nicht mehr als „eine Handvoll GEW-Mitglieder“ dem Aufruf ihrer Gewerkschaft folgen würden. Doch Wagners „Weissagung“ hatte einen zusätzlichen Mobilisierungseffekt: Mehr als 10.000 Lehrer und Schüler zogen mit Transparenten wie „Jetzt reicht's, Arbeitszeitverkürzung auch in Hessen“ durch die Frankfurter Innenstadt. Sieben Sonderzüge und vier Züge mit zusätzlichen Waggons wurden von Schüler- und LehrerInnen aus ganz Hessen „besetzt“.

„Ganz sicher wird durch unsere Maßnahme eine neue Diskussion über das Beamtenrecht eingeleitet“, betonte Dieter Wunder, Bundesvorsitzender der GEW. Der Beamtenstatus soll entrümpelt werden, und die Ausgrenzung aus der Tarifautonomie hielten viele Beamte für überholt. Das Streikverbot fände sich weder im Grundgesetz noch in der hessischen Verfassung, sondern existiere nur in der traditionellen Rechtsprechung: „Aber die kann man ja ändern.“

„Die Urabstimmung war zwar knapp, aber jetzt sind von unserer Schule auch viele Lehrer da, die nicht in der GEW organisiert sind“, erzählte ein Lehrer aus der Frankfurter Elisabethenschule. Auch zahlreiche Elternbeiräte haben sich mit dem Streik der Lehrer solidarisiert. Viele Eltern schickten ihre Kinder gestern nicht zur Schule, um ihre Unterstützung deutlich zu machen. Selbst Sechstklässler bekundeten ihre Zustimmung: „Wir haben zu wenige junge Lehrer und es fallen zuviele Stunden aus. Die Krankenschwestern hätten's eigentlich nötig, aber ich finde es gut, daß die Lehrer streiken.“

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